"Ich hab' überall Augments draufgehaut, wir haben über 19.000 Dex. Das ist eigentlich schon richtig wenig." Der dunkelhaarige Mann am rechten Eck des Bildschirms zeigt sich während dieser Aussage fokussiert. Logischerweise, denn im Hintergrund läuft die Landschaft des Rollenspiels Diablo 3 durchs Bild.
Für Außenstehende klingt das, was in diesem Diablo-3-Livestream zu hören ist, ungewöhnlich. Für seine Fans gehört der Stream von "Jessirocks" zum Tagesprogramm. Tausende Zuseherinnen und Zuseher verzeichnet der 37-Jährige regelmäßig in seinem Livestream und gehört mit über 150.000 Followern zu den größten Twitch-Streamern Österreichs.
Bis zu 75.000 Zuseher
Mit bürgerlichem Namen heißt "Jessirocks" Thomas M. und kommt aus dem Bezirk St. Veit an der Glan. Nach seiner Schulzeit in Brückl ging es für ihn zunächst in die HTL nach Klagenfurt und weiterführend nach Graz. Im Jahr 2006 startete er sein Informatikstudium an der TU Graz. Sein heutiger Bezug zur steirischen Landeshauptstadt? "Der tolle Ausbau des Glasfaser-Internets", so Thomas lachend, der nur seinen Vornamen preisgeben möchte, um seine Privatsphäre zu schützen.
Während seines Studiums erstellte er schon Youtube-Videos, in denen er der "Erklärbär" für das Spiel "World of Warcraft" war und bestimmte Lösungswege im Spiel aufzeigte. Auf seinem Youtube-Kanal hatte er zu dieser Zeit bereits eine große Fangemeinde aufgebaut. Erst später startete er auf Twitch los – als Mittel zum Zweck, wie er selbst sagt. "Ich habe auf Youtube so viele Fragen bekommen, dass ich sie nicht mehr alle beantworten konnte", sagt er. Daher wechselte er vermehrt zu Twitch, damit die Leute dort direkt ihre Fragen in den Streamchat schreiben konnten und er sie dort direkt beantwortete. "Komplexe Dinge einfach runterzubrechen, ist vermutlich meine größte Stärke. Ich war neben meinem Studium auch Nachhilfelehrer", sagt er.
Damit hat er sich im Laufe der Jahre eine treue Fanbasis aufgebaut, die ihm regelmäßig beim Spielen zusieht – in Spitzenzeiten können es bis zu 75.000 Menschen gleichzeitig sein. "Das hängt von den Zeiten ab. Wenn ein neues Spiel herauskommt, kommen sehr viele neue Leute dazu", so "Jessirocks". In seinem Stream geht es jedoch nicht nur um die neuesten Entwicklungen in den Rollenspielen "Diablo 3", "Lost Ark" oder "World of Warcraft", sondern auch um andere Themen. "Diskussionsthemen sind oft Mietpreise oder Gehälter, weil die in meiner Community sehr unterschiedlich sind. 80 Prozent meiner Zuseher kommen aus Deutschland", sagt der 37-Jährige.
Karitative Ader
Zwei bis drei Jahre nach dem Beginn seiner Twitch-Karriere hat er den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt und das mit Erfolg. Mit seiner Reichweite kann "Jessirocks" inzwischen vom Streamen leben. Durch Spenden von seinen Followern ("Donations"), Abos ("Subs") oder Kooperationen kann er sich seinen Lebensunterhalt finanzieren. Er hat sogar ein kleines Team, das ihn bei jeglichen Aufgaben wie Videoschnitt oder Verhandlungen unterstützt.
Gleichzeitig ist es ihm wichtig, auch etwas zurückzugeben. "Wenn man als Streamer diesen Punkt überschreitet, wo man nicht jeden Euro umdrehen muss, weil man groß genug ist, kann man seine Zeit auch für den guten Zweck aufwenden", sagt er. In seinen Streams hat er schon Tausende Euro für Licht ins Dunkel oder die Hilfsorganisation "Save the Children" gesammelt.
Damit man als Streamer wirklich von den Einnahmen leben kann, braucht es nicht nur Internetzugang und einen Computer, sondern auch "Hartnäckigkeit, Geduld und etwas, was man im Internet noch nie gesehen hat", so "Jessirocks". Oftmals dauert es Jahre, bis man eine treue Fanbasis von ein paar hundert Leuten auf Twitch aufgebaut hat – nicht zu vergleichen mit TikTok oder Instagram. Zusätzlich spielen Zeitpunkt und Uhrzeit beim "Streaming-Erfolg" eine Rolle. "Einige Kollegen streamen nicht zur gleichen Uhrzeit wie ich, weil sonst keine Zuseher bei ihnen sind, sondern eben bei mir", sagt er.
Einsatz versus Ergebnis
Der Erfolg hängt somit von vielen Faktoren ab, die nicht ohne Einsatz kommen. "Viele glauben, man wird einfach ein Influencer und spielt den ganzen Tag. So einfach ist das nicht", erzählt er.
Er hat durchschnittlich eine 50- bis 60-Stunden-Woche, vollgepackt mit Meetings, Aufnahmen und Streams. Diesen Einsatz bekommt er regelmäßig von seinen Fans zurück, besonders eindrücklich zeigt sich das für ihn in den Zuseherzahlen. "Ein Beispiel: Manchmal ist es während des Streams 1 Uhr in der Früh. Insgesamt befinden sich zu diesem Zeitpunkt noch 4000 Leute im Stream. Diese Momente zeigen einfach, wie viele Leute die Leidenschaft für das Spielen mit dir teilen", so "Jessirocks".