Lina hat heute ihre Malstifte ins Büro mitgebracht. Sie läuft mit einem Lächeln ins "Office" und stürzt sich gleich auf den Spielteppich. Dann malt sie Sonnen auf die Tafel. Lina ist keine gewöhnliche Mitarbeiterin im Betrieb Hirsch Servo in Glanegg. Sie ist erst drei Jahre alt und teilt sich das Büro deshalb mit ihrer Mutter Cornalie Maier. "Family Office" - so nennt sich dieser spezielle Arbeits- und Spielplatz, bei dem Eltern ihre Kinder mitnehmen können.

Es ist nur eine von vielen Initiativen, die den Betrieb zu einem zeitgemäßen Arbeitgeber machen - schließlich befindet sich "Vereinbarkeit mit Familie" im Ranking der wichtigsten Faktoren bei der Jobauswahl inzwischen schon auf Platz zwei, gleich hinter dem Gehalt, wie Peronalmanagerin Barbara Wagner erklärt. Sie hat das Familienbüro mit diesem Wissen initiiert. "Wir haben es 2019 eingerichtet. In der Coronazeit wurde es natürlich sehr viel genutzt, aber auch an Fenstertagen, oder wenn Kinder am Freitag nur halbtags in der Schule sind."

Über eine Plattform können die Mitarbeitenden das Familienbüro reservieren. Auch für Jugendliche eignet sich der Arbeitsplatz: "Ab einem gewissen Alter können die Kinder es natürlich alleine nutzen. Wir haben auch Fernseher und Bildschirme für Homeschooling installiert."

Cornelia Maier und ihre dreijährige Tochter Lina, die sehr gerne malt
Cornelia Maier und ihre dreijährige Tochter Lina, die sehr gerne malt © Markus Traussnig

Cornelia Maier arbeitet im Verkaufsinnendienst und hat Hirsch Servo vor allem wegen der Familienfreundlichkeit als Arbeitgeber gewählt. "Ich bin zweimal die Woche im Homeoffice, das ist für mich als Mutter von zwei Kindern sehr wichtig", sagt sie, während das Telefon läutet. Ihre Tochter Lina malt inzwischen frenetisch in den Malbüchern. Sie kommt sichtlich gerne ins Familienbüro.

Natürlich nutzen auch Väter das Angebot. "Gerade bei Männern merken wir, dass wir mit Angeboten wie Teilzeit und Väterkarenz punkten können", beobachtet Personalleiterin Wagner. Dem stimmt der zweifache Vater Mario Gutzinger zu: "Ich finde es wirklich gut, dass man die Kinder kurzfristig in die Arbeit mitnehmen kann."

Wunsch nach mehr Freizeit

Gutzinger ist in der Firma auch Lehrlingsbeauftragter und weiß deshalb, dass die Jugend nach mehr Freizeit strebt. Normalerweise werden bei Hirsch Servo EPS-Dämmplatten (Styropor) oder Verpackungen hergestellt. Heute fertigt er aber Würfel für Mensch-Ärgere-Dich-Nicht mit drei Jugendlichen, die zum Schnupern gekommen sind, an. Man muss dem potentiellen Nachwuchs schließlich etwas bieten. "Es hat sich bei der heutigen Jugend sehr stark abgezeichnet, dass Freizeit, Hobby und Familie immens wichtig sind. Deswegen versuchen wir, das zu fördern."

Mario Gutzinger kümmter sich bei Hirsch Servo um die Lehrlinge
Mario Gutzinger kümmter sich bei Hirsch Servo um die Lehrlinge © Markus Traussnig

Auf dem Lehrplan stehen neben klassischer Arbeit also auch Mountainbike-Ausflüge, Skitag, Mitarbeiterfest, Keksebacken und sogar Imkern mit betriebseigenem Bienenstock. Zudem bietet die neue "Outdoor-Lounge" einen Entspannungsort im Freien.

App für Mitfahrgelegenheit

Da Freizeit in der neuen Arbeitswelt an Bedeutung gewinnt, geht Hirsch Servo auf die individuellen Bedürfnisse ein. Die Gewinnerin des Graz-Marathons und Iron-Man-Teilnehmerin Enikö Molnár hat ihre Arbeitszeit beispielsweise rund um ihren Trainingsplan gestaltet und wird für größere Sportveranstaltungen freigestellt. Übrigens wirbt Personalchefin Wagner auch mit eigenen "Hirsch-Energydrinks" für den Betrieb - "denn die Jugend trinkt gerne Energydrinks".

Damit gibt Wagner die Marschroute von "New Work" vor: Angesichts des Personalmangels müssen sich die Unternehmen auf die neuen Wünsche der Arbeitnehmer einstellen. "Gute Mitarbeiter zu finden ist derzeit ein großes Thema. Bereits kleine Initiativen, die oft sehr leicht umzusetzen sind, tragen zur Wertschätzung von Mitarbeitern bei", erklärt die Personalchefin und zeigt dabei auf einen Bildschirm, der für Fahrgemeinschaften wirbt.

"Greendrive" heißt die App, die Mitarbeitende für gemeinsames Fahren zum Arbeitsplatz nutzen können. Ein Angebot, das nicht nur die Umwelt, sondern auch die Geldbörse schont.

Von links: Cornelia Maier, Lina Maier und Personalchefin Barbara Wagner
Von links: Cornelia Maier, Lina Maier und Personalchefin Barbara Wagner © (c) Markus Traussnig (Markus Traussnig)

Für Cornalia Maier ist der Arbeitstag inzwischen vorbei, auch wenn Tochter Lina noch nicht nach Hause möchte. Maier arbeitet nämlich Teilzeit - wie derzeit 40 von rund 300 Personen am Standort Glanegg. Das ist ein starker Trend, den die Firma wahrnimmt. Wagner: "Manche wollen nebenbei studieren, andere trainieren und wieder andere haben eine Landwirtschaft zu Hause. Es wird immer mehr danach gefragt, deswegen arbeite ich gerade daran, dass wir künftig sogar in der Produktion Teilzeit anbieten können." Das sei ebenso wichtig wie der größte Schwerpunkts für die Zukunft: Berufsvereinbarkeit mit Pflege von Angehörigen.

Hirsch Servo wurde für seine Initiativen als familienfreundlicher Arbeitgeber ausgezeichnet
Hirsch Servo wurde für seine Initiativen als familienfreundlicher Arbeitgeber ausgezeichnet © (c) Markus Traussnig (Markus Traussnig)