Nach 72 Jahren des Bestehens wurden die St. Veiter Literaturtage 2022 „zu Grabe getragen“, der damalige Vorstand warf das Handtuch. Heuer finden sie, auf die Beine gestellt von einem neuen Organisationsteam, wieder in St. Veit statt. Im Jahr 1950 hatten sie ihre Premiere als Kontrapunkt zur Kriegsliteratur der Zeit des Zweiten Weltkrieges.
Neue Wege
Jetzt will man mehr Breite und mehr Jugend. Dazu verbindet man die Lesungen der drei Tage mit Musik und Literatur, die aus einer ganz anderen Ecke kommt: Slam Poetry, entstanden in den USA, und längst Bestandteil der Literaturszene, steht auch am Programm. Es sind die „Gedichte“ der Jungen, in kurzer Form – doch drücken sie auf tiefsinnige Weise aus, was bewegt, ärgert, traurig macht, oder glücklich. Es muss also nicht immer ein Roman sein.
„Wir wollen neue Akzente setzen und vor allem junge Autoren und Autorinnen einbinden“, erklärt Veranstalter Ulrich Hagg das Motiv. Hagg ist Psychotherapeut, Sexualtherapeut, Universitätslektor und Literaturbegeisterter. Mit ihm organisieren weitere sechs Personen die Literaturtage.
Jünger gemacht
Mehr Breite ist das Anliegen der neuen Organisation: Man ergänzt die neuen Literaturtage mit Bildender Kunst, durch großformatige Bilder der international tätigen Künstlerin Elisabeth Wedenig und mit einer Fotoausstellung von Fotograf Ernst Peter Prokop – von den Literaturtagen aus dem revolutionären Jahr 1968. Und: „Wir möchten ein Ort sein für avantgardistische Literatur“, erklärt Hagg.
Den Flair des Elitären will man vermeiden. Das zeige sich an der Auswahl der Autorinnen und Autoren und des Programms. Letzteres wartet auch mit Slam Poetry auf. Das ist jene Art der Literatur, die sich aus dem Bedürfnis der Jugend heraus entwickelt hat, sich auszudrücken: Gefühle, Erlebtes, Erlittenes, Kritisches, Humorvolles. Bei den diesjährigen Literaturtagen betreten drei Autoren, auch „Slammer“ genannt, die Bühne im Rathaus.
„Das Buch lebt“
Die Bibliothek sei in St. Veit ein wichtiger Vernetzungspartner für das Anliegen Lesen und Literatur, sagte Hagg bei einer Pressekonferenz am Montag in der Herzogstadt. Ebenso das Robert Musil Institut Klagenfurt, oder die Buchhandlung Besold. Die Zeiten „sind hart“, dankbar sei man auch privaten Unternehmen der Region, „die mit Sponsoring die finanziellen Säulen der Literaturtage mittragen“, sagt Hagg. Eine klare Botschaft hat man: Die Literatur ist nicht tot und das Buch auch nicht, trotz aller Digitalität.
Digitalität versus Buch
Den Beweis tritt die Stadtbibliothek St. Veit an. Seit dem Umzug in das Stadtzentrum verzeichnet man eine Steigerung der Kundschaft. Leiterin Beate Feichter ist mit dabei im Organisationsteam der Literaturtage. Manuela Rader, Schauspielerin, Clowin und ebenso im Organisationsteam, sagt über die vermeintliche Konkurrenz des Digitalen für das Buch: „Es darf beides sein.“ Vizebürgermeisterin und Kulturreferentin Silvia Radaelli (SPÖ) ist deshalb überzeugt: „Die Übersiedlung der Bibliothek in das Stadtzentrum war die beste Idee.“
Interessanterweise entstand auch ein Teil der neuen Literaturtage, der „Young Writers Award“, ein Schreibwettbewerb, über eine Veranstaltung zu neuesten digitalen Entwicklungen. Der Autorenwettbewerb anlässlich der Literaturtage entstand aus dem St. Veiter KI-Symposium heraus. Er läuft über die St. Veiter Schulen, die Sieger, drei werden es sein, tragen ihre Texte bei den Literaturtagen vor. Zurzeit spricht man noch Schüler und Schülerinnen der Sekundarstufe an. Aber Hagg sagt: „Aus der Volksschule ist bereits der Wunsch gekommen, diesen Bewerb auf jüngere Kinder auszuweiten.“
Für Familien
Die Breite der Veranstaltung soll auch der Familienlesetag am Samstag mit Kinderbuchautor Heinz Janisch zeigen. Er findet um 16 Uhr statt. Berndorf vom Robert Musil-Institut sagt darüber: „Ich bin dankbar, dass es auch diesen Familienlesetag gibt. Das hat früher gefehlt.“