Einem „nebulosen Jugendtraum“ sei die Entscheidung geschuldet gewesen, sich auf das Abenteuer einzulassen und die Sachen zusammenzupacken, erzählt Gerhard Herbst aus Obermühlbach bei St. Veit. Im November des Vorjahres startete er mit seiner Frau Helga zu einer Reise nach Australien. Das Ziel des Paares: In das große Land richtig einzutauchen.

Anlass war Herbsts Pensionierung. Herbst, in St. Veit unter anderem bekannt durch sein Engagement im Lions Club und im Abwehrkämpferbund St. Veit, arbeitete vor seinem Ruhestand in der Kärntner Landesregierung. Dort war er zuständig für den Bereich der sozialen Integration von Menschen in den Arbeitsmarkt. „Ich habe gemeinsam mit dem AMS Projekte generiert, es war eine sehr schöne Tätigkeit“, sagt er darüber.

Nur ja kein Pensionsloch

Das berühmte „Pensionsloch“, in das viele am Anfang des Ruhestandes oft fallen, wollte er nicht kennenlernen. Stattdessen machte das Paar den Jugendtraum wahr und sattelte auf ein fahrendes Leben um.

„Wir hatten bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht einen Tag gecampt“, sagt Herbst amüsiert. „Und das ist schon was, wenn du von 150 Quadratmeter Haus auf 10 Quadratmeter Camper wechselst.“ Dafür bereitete man sich gut auf die Reise und die Besonderheit sowie mögliche Tücken vor.

Der Camper wurde für ein Jahr zum Zuhause
Der Camper wurde für ein Jahr zum Zuhause © KK/HERBST

Gattin Helga ergänzt, man habe sich auch auf die Spuren des eigenen Sohnes begeben, der mit 16 Jahren als Austauschschüler in Australien war. „Er war an der Gold Coast. Wir konnten ihn damals nie besuchen und wollten uns ansehen, wo er war. Er ist damals mit einem Surfbrett wieder heimgekommen. Jetzt wissen wir, warum. Das ist ein Surferparadies dort.“

Klein und simpel

Der Camper, in Australien nennt man die fahrenden Miniwohnungen Motorhomes, wurde gekauft – und nicht gemietet. „Das zahlt sich ab drei Monaten Aufenthaltsdauer schon aus, weil diese Motorhome-Mieten so teuer sind“, erklärt Herbst. Gattin Helga sagt über die Veränderung hin zum Kleinen: „Am Anfang haben wir uns schon gedacht, wie soll das gehen, aber man gewöhnt sich daran und dann wurde dieser Camper zu unserem Zuhause“.

Als „spannend“ bezeichnet Gerhard Herbst das Zusammenleben im Camper, vor allem über den Zeitraum eines Jahres. „Es war ja nicht immer schön, wir hatten ja auch Regen, weil wir ja alle Jahreszeiten gehabt haben. Letztendlich ist die Bilanz positiv.“ „Es war interessant, wir haben harmoniert“, sagt Helga Herbst, die vor ihrer Pensionierung unter anderem im Bankenwesen arbeitete.

Die unendlichen Weiten des Landes zeigt schon die Karte
Die unendlichen Weiten des Landes zeigt schon die Karte © KK/HERBST

Tipps für Australien

Auch mit Motorrad

Aber das Ehepaar hatte unendlichen Freiraum draußen. „Wir sind die ganze Küste ausgefahren, rundherum, und zwei Mal in die Mitte des Landes hinein“, erzählt Herbst. 35.000 Kilometer legte das Paar zurück, davon 4000 mit dem Motorrad. „Denn im Outback tust du dir damit leichter.“ Als Outback werden die weiten, unbesiedelten Gebiete Australiens im Inneren des Landes und an den abgelegenen Küsten bezeichnet.

Gerhard und Helga Herbst fuhren die gesamte Küste ab
Gerhard und Helga Herbst fuhren die gesamte Küste ab © KK/HERBST

Diese haben ihre Tücken und Gefahren, auf die man vorbereitet sein muss. „Wasser, Wasser, Wasser“, sagt Herbst., denn im Outback herrscht Trockenheit. Unabdingbar sei, Vorräte für eine ganze Woche im Camper mit zu haben. „Die Distanzen dort sind einfach groß, und immer wieder muss man sich die Frage stellen, wo kann ich noch etwas einkaufen. 300 Kilometer von einer Tankstelle zur nächsten ist üblich.“

Die englische Landessprache erleichterte die Verständigung, aber: „Die Australier sprechen zwar Englisch, aber sie kürzen alles ab“, amüsiert sich Herbst immer noch. „Aus dem Wort Barbeque machen sie zum Beispiel Barbie“ Außerdem würden die Australier Laute beim Sprechen „verschlucken“, das mache das Verstehen des Gesagten schwierig. „Aber nach einer Woche Aufenthalt hast du das dann – und es geht besser.“

Das Ehepaar bei „The wall“ in Westaustralien
Das Ehepaar bei „The wall“ in Westaustralien © KK/HERBST

Offline und „Nichts“

Vom bequemen Handyempfang muss man sich auch verabschieden. Herbst: „Im Outback gibt es keinen.“ Das Ehepaar setzte, wie empfohlen, auf detaillierte Straßenkarten und Reiseführer. Eine Motorpanne hatte man auch zu bewältigen. Das Fazit: Ein Abschleppwagen musste für einen 300 Kilometer langen Transport angefordert werden, das Abwarten der Reparatur entschleunigte zusätzlich.

Rast nahe des Meeres entlang der Great Ocean Road
Rast nahe des Meeres entlang der Great Ocean Road © KK/HERBST

Die Natur und die Tierwelt Australiens seien jedoch überwältigend, schwärmt Herbst. Schlangen und anderes Getier inklusive. „Aber dieses Land ist wunderschön. Wenn man sich an die Spielregeln hält.“ Die Neugierde auf das Land befalle aber nicht nur ausländische Touristen. „Wir haben viele getroffen, auch Familien mit Kindern, die haben ihr Haus verkauft für ein Motorhome, um sich ihr eigenes Land einmal anschauen zu können.“

Cradle Mountains
Cradle Mountains © KK/HERBST

Für Helga Herbst war Australien „eine wunderschöne Reise, dieses Jahr ist wirklich eine Sensation gewesen.“ Sie gibt aber auch zu: „Es war schon auch anstrengend“. Deswegen rät sie: „Wenn man so etwas machen will, nicht warten, sondern einfach tun.“ Ihren schönsten Platz in Australien hat die 61-Jährige auch gefunden: „Das Ningaloo Reef, das war einfach die schönste Destination. Dort ist das absolute Nichts.“

Das Ehepaar Herbst, das gemeinsam zwei Kinder hat und mit insgesamt vier Kindern eine Patchworkfamilie lebt, brachte eines mit aus diesem einen faszinierenden Jahr: das Reisefieber. „Es hat uns so gut gefallen, das nächste Mal wird es Kanada“, sagt Gerhard Herbst. Noch ist nicht sicher, wie diese Reise gestaltet wird. „Wir planen gerade“, verrät Helga Herbst.