Die Geschichte des Sushi reicht weit zurück, aber entgegen der weitläufigen Meinung handelt es sich dabei nicht um eine japanische Erfindung. Die beliebte Speise – meist mit Reis und rohem Fisch serviert – stammt eigentlich ursprünglich aus Südostasien. Entlang des Mekong-Flusses haben die Bewohner damals eine Konservierungsmethode für Süßwasserfisch entwickelt, indem man den ausgenommenen Fisch in mit Reis gefüllten Gefäßen eingelegt hat. Daraus entstand später im achten Jahrhundert das traditionelle japanische Gericht.
Aus seltenen Mottoabenden wird Erfolgsmodell
Ein langer Weg also, bis es auch Einzug in Lölling gehalten hat. Seit 2016 bietet der Landgasthof Neugebauer das mittlerweile allseits bekannte Kärntner Sushi an. „Angefangen hat alles mit asiatischen Themenabenden, die wir zwei- oder dreimal im Jahr veranstaltet haben“, erzählt Juniorchef Lothar Krings-Neugebauer. „Schon damals waren diese Abende ein Renner, aber einen richtigen Schub hat das Sushi dann noch einmal zu Beginn der Corona-Pandemie bekommen.“ Der Hintergrund: Krings-Neugebauer und seine Frau Stefanie waren oft in Asien unterwegs, haben einen Kurs in der Tokyo Sushi Academy in Singapur absolviert.
Da die Nachfrage der Gäste nach den japanischen Köstlichkeiten im Laufe der Zeit immer größer wurde, habe man sich dazu entschlossen, das Kärntner Sushi dauerhaft ins Angebot aufzunehmen. Heute kann man sich jeden Donnerstag und Freitag mit den Reisröllchen verwöhnen lassen – auf Vorbestellung versteht sich, denn der Hype ist weiterhin ungebrochen. „Es läuft wie die Hölle, die Leute kommen von überall her“, betont auch Seniorchef Walter Neugebauer.
Sushi-Kochkurs für alle
Der Hype ist so groß, dass man seit einiger Zeit auch Sushi-Kochkurse im Landgasthof anbietet. Anlass genug für mich, an genau so einem teilzunehmen, um meine Fertigkeiten in dieser Hinsicht zu verbessern. Die kulinarische Reise beginnt in der Küche, wo Lothar Krings-Neugebauer die besondere Behandlung der Gerichtsbasis, dem Reis, näherbringt. „Für Sushi wird immer Rundkornreis verwendet.“ Dieser ist klebriger und bildet eine perfekte Grundlage. Was ich und viele andere Kursteilnehmer nicht wussten: Der Reis sollte, bevor man ihn kocht, rund achtmal gewaschen werden. „Bis der Stärkegehalt weg ist und das Wasser, in dem man ihn wäscht, klar wird“, informiert Krings-Neugebauer. Wenn man das nicht macht, werde der Reis „zu patzig“.
Nachdem der Reis also sorgfältig gewaschen wurde, kommt er in den Reiskocher. Während die Körner vor sich hin köcheln, geht es für uns weiter in den Saal, wo Krings-Neugebauer die Eigenheiten der Sushi-Begleitungen erläutert: Sojasauce und Wasabi. Vor allem frische Wasabi-Wurzeln, sie ähneln dem heimischen Kren, sind schwer zu ergattern, da sie in japanischen Sumpfgebieten wachsen. Die Produkte, die man im heimischen Handel erwerben kann, werden mit Kren „gestreckt“, viele davon weisen nur einen sehr geringen Wasabi-Anteil auf.
Aufgepasst bei der richtigen Verwendung der Sojasauce
Bei den Sojasaucen hingegen hat man eine große Auswahl, hier unterscheiden sich die einzelnen Produkte hinsichtlich ihrer Säuerlichkeit. Beim Neugebauer wird hauptsächlich eine Bio-Sojasauce von Hans Reisetbauer und Roland Trettl verwendet. „Damit fahren wir eigentlich recht gut, sie passt zu den heimischen Fischen“, weiß der Haubenkoch. Wichtig: Das Sushi sollte man nicht mit dem Reis in die Sauce eintauchen. „Das wird in Japan gar nicht gerne gesehen“, lacht der Juniorchef. Lediglich die Spitze des Fisches sollte die Sauce kurz berühren. „Sie soll wirklich nur eine Ergänzung sein und das Geschmackserlebnis nicht dominieren.“
Nach einer Verkostung der verschiedenen Saucen bringt Krings-Neugebauer auch schon das Highlight des Gerichtes in den Saal. Drei Fische – ein Saibling und zwei Lachsforellen – werden nun von ihm zu Vorführungszwecken filetiert. Die Fische, die beim Neugebauer für das Kärntner Sushi verwendet werden, stammen übrigens alle aus heimischen Gewässern, genauer gesagt von der Fischzucht Payr aus Sirnitz. Hier sind ein geschärftes Messer und eine geschickte Handhabe gefragt, um an das kostbare Filet zu kommen. Während der Experte seine Filetier-Kunst unter Beweis stellt, ist auch der Reis schon fertig. Dieser wird noch mit einer Mixtur aus Reisessig, Zucker und Salz verfeinert, bevor er schlussendlich bereit ist für die finale Zubereitung.
Von der Theorie ab in die Praxis
Mit gezielten und geschickten Handgriffen rollt und formt Krings-Neugebauer Sushi und Maki in vielen Variationen. „Es ist wirklich faszinierend, was man mit unseren heimischen Produkten alles machen kann“, ist Kursteilnehmer und Althofens Vizebürgermeister Michael Baumgartner (LFA) begeistert. Er ist genauso erstaunt und aufgeregt wie ich, denn für uns geht es jetzt ans Eingemachte. Wir müssen Hand anlegen und die Köstlichkeiten rollen.
Dabei sind keine Grenzen gesetzt, man kann die Röllchen füllen, wie man möchte und auch bei der Garnierung wird freie Hand gelassen. Bloß: So „smooth“ und schnell wie beim Löllinger Sushi-Spezialisten wirken meine Bewegungen nicht. Nichtsdestotrotz kommt man mit ein bisschen Übung immer besser rein und nach rund 20 bis 30 Minuten hat man sich einen schmackhaften Sushiteller zusammengestellt.
Danach ging es schon an den Tisch. Damit auch meine Familie etwas von meiner Kursteilnahme hat, habe ich meine Eigenkreationen mit nach Hause genommen. Fazit: Das Kärntner Sushi von heimischen Fischen sorgt für ein tolles kulinarisches Erlebnis und ist mit Sicherheit jederzeit eine Reise ins etwas abgelegene Lölling wert. Der Mix aus heimischen Produkten und exotischer Küche ist einzigartig. Beim Neugebauer konnte man sich damit ein Alleinstellungsmerkmal aufbauen, das die Gäste aus allen Richtungen anlockt. Man hebt sich dadurch klar von der Konkurrenz ab. Möglicherweise kann der Erfolg des Landgasthofs auch ein Anstoß für andere sein, vielleicht einmal vom üblichen Weg abzuweichen und mutige, ungewöhnliche Entscheidungen zu treffen. Der Landgasthof Neugebauer hat gewagt – und in beeindruckender Manier gewonnen.