Es sind traurige Zahlen, die die Tiroler Direktorin Elisabeth Rathgeb bei einem Pressegespräch in Osttirol präsentierte: Über 100.000 Menschen in Tirol leben an oder unter der Armutsgrenze – dabei ist das inflationsstarke Jahr 2022/23 noch gar nicht in der Landesstatistik erfasst. Was man aber bereits mit Sicherheit sagen kann: Die Caritas Sozialberatungen stiegen in Osttirol von 2019 auf 2023 um 61 Prozent. Alleine im ersten Quartal 2023 fanden bereits 128 Erstberatungsgespräche in Lienz statt. "Es ist alarmierend. Wir alle nehmen die Inflation wahr, doch Armutsgefährdete werden regelrecht von ihr überrollt. Steigende Kosten werden für Menschen mit wenig Einkommen immer mehr zu Frage der Existenz", sagt die Tiroler Caritas-Direktorin Elisabeth Rathgeb. Sie fordert "umgehend inflationsmildernde Maßnahmen".

Die Situation stellt armutsbetroffene Menschen und jene mit geringem Einkommen vor unüberwindbare Herausforderungen. Sie sind gezwungen, bei Grundbedürfnissen wie Essen, Heizen oder bei der Förderung von Kindern Abstriche zu machen.

Armut wird vererbt

Besonders prekär ist die Lage der Kinder. "In Österreich sind 316.000 Kinder armutsgefährdet. Das heißt, dass sie in Wohnungen leben, die im Winter nicht ausreichend geheizt werden können. Ihre Bildungschancen sind reduziert, ihre soziale Teilhabe ist gefährdet und ihre gesundheitlichen Risiken sind größer", erklärt Rathgeb. Kostenpflichtige Freizeitangebote in Sportvereinen, der Musikschule und mehr sind plötzlich nicht mehr möglich – es werden Chancen und soziale Interaktion verbaut. Rathgeb analysiert: "Damit vererbt sich Armut in die nächste Generation." Gertraud Holzer, Leiterin der Caritas-Regionalstelle in Osttirol, fügt hinzu: "Es macht mich betroffen, wenn sich Eltern trotz guter Schulleistungen aus finanziellen Gründen gegen eine weiterführende Ausbildung für ihre Kinder entscheiden." Daher möchte sie dazu ermutigen, die Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen. "Zum Bittsteller zu werden, ist immer schwierig und oft mit Scham besetzt. Aber die Caritas ist für alle da. Wir bieten Information und Beratung und wollen Hilfe bestmöglich zugänglich machen."

Das Gesicht der Osttiroler Caritas: Getraud Holzer will als Regionalleiterin Menschen ermutigen, Beratungsgespräche wahrzunehmen
Das Gesicht der Osttiroler Caritas: Getraud Holzer will als Regionalleiterin Menschen ermutigen, Beratungsgespräche wahrzunehmen © Eder

Caritas hilft mit Expertise

Es gibt Überbrückungshilfen aus Nottöpfen, aber vor allem Information und Hilfe beim Stellen von Anträgen. So können die aktuellen Bundes-Förderungen "Wohnschirm Energie" und "Klima und Energiefonds" bei der Caritas-Sozialberatung eingereicht werden. Energieberatungen und Gerätetauschs von Stromfressern sind unter anderem Teil der Unterstützung. Neu sind auch die Möglichkeiten von Live-Chats und Mailverkehr, um die Hemmschwelle herabzusetzen.

Solidarität und Hilfsbereitschaft ungebrochen

Die Caritas lebt von Spenden und von Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren. Beides hat trotz Pandemie, Krieg, Inflation nicht abgenommen, im Gegenteil. Viele Tiroler haben beispielsweise ihren Klimabonus gespendet und alleine dadurch eine Summe von 92.000 lukriert. Mit einer "Schokonacht" hat sich die Caritas bei all ihren Spendern und Ehrenamtlichen bedankt.