"Jetzt geht's los", sangen 200 Sillianer gestern am Abend gegen 19.10 Uhr im heimischen Kultursaal. Es war der Schlusspunkt einer Pressekonferenz, bei welcher die Verantwortlichen der Sillianer Narrengilde erklärten, warum sie den Kampf für die Abhaltung des traditionellen Faschingsumzuges entlang der B 100 Drautalstraße nicht aufgeben wollen. Gekommen sind nicht nur das ORF-Team, Tageszeitungen und Online-Medien, sondern auch rund 200 Faschingsfans aus der Pustertaler Marktgemeinde.
Die Sillianer demonstrierten Einigkeit und stellten sich demonstrativ hinter die Führungsmannschaft der Sillianer Narrengilde, welche am Podium Platz genommen hat. Obfrau Juliana Pradella-Pichler wurde von Otto Trauner, Arthur Bucher und Franziska Hopfgartner flankiert. Die Narren wollen auch 2023 den Faschingsumzug an der B 100 abhalten. Die Bezirkshauptmannschaft (BH) Lienz hat als zuständige Straßenverkehrsbehörde allerdings noch keine Verordnung erlassen, welche die Durchführung zulässt.
Die Vertreter der Narrengilde glauben, dass die Zurückhaltung der Behörde mit einer anderen Sache zusammenhängt. Im Vorjahr, die Coronapandemie ließ damals keine Veranstaltungen zu, "spazierten" einige Narren durch Sillian. "Sie haben als Fußgänger nicht den äußersten Fahrbahnrand benützt", "sie haben als Fußgänger den vorhandenen Gehsteig nicht benutzt" oder "sie haben als Fußgänger überraschend vor einem herannahenden Fahrzeug die Fahrbahn betreten": Für diese Verletzungen von Rechtsvorschriften haben einige Narren eine Strafverfügung erhalten. Dafür gab es Geldstrafen in der Höhe von 40 oder 50 Euro.
Außerdem ging die Behörde gegen die Narrengilde vor – weil sie der Ansicht ist, dass der Verein den Spaziergang veranstaltet hat – ohne sie bei der Behörde anzumelden. Die Narrengilde bestreitet, 2022 eine Veranstaltung durchgeführt zu haben. "Mittlerweile liegt der Akt beim Landesverwaltungsgericht", ließ Otto Trauner wissen.
"Zusammen an einen Tisch setzen"
Nichtsdestotrotz will man nun alles dafür tun, den Umzug auf der B 100 durchzuführen – so wie schon seit Jahrzehnten. Sillians Bürgermeister Franz Schneider (Gemeinschaftsliste) sagte klar, dass die Marktgemeinde hinter dem Verein stehe, er aber auch die Behörde verstehe. Schneider appellierte: "Man sollte sich noch einmal zusammen an einen Tisch setzen." Haben die Narren aber überhaupt noch eine Gesprächsbasis mit der Bezirkshauptmannschaft? "Ich kann grundsätzlich mit jeder und jedem reden", erklärte Trauner.Fakt ist: Der Umzug wird stattfinden. Wenn nicht über die B 100, dann wohl auf den Gemeindestraßen. "Diesen Plan B wird es geben müssen", so Pradella-Pichler. Weil die Sillianer Gemeindestraßen aber eng sind und an den wenigsten Stellen mit Gehsteigen ausgestattet sind, sei diese Variante nicht zufriedenstellend.
StVO-konforme Fahrzeuge
Fakt ist aber auch: Findet der Umzug über die B 100 statt, steht der Schwerverkehr etwa eine Stunde an den Toren von Sillian. Trauner berichtete von Gesprächen mit Wirtschaftstreibenden, welche keine Einwände gegen die Pläne der Narrengilde hätten. Auch die Bergbahnen hätten nichts gegen die Durchführung. "Sillian muss es 365 Tage erleiden, dass der Verkehr durch den Ort rollt", habe ihm ein Unternehmer gesagt. Diese eine Stunde sei deshalb mehr als legitim.
Wie geht es weiter? Die BH hat am Dienstag angekündigt, dass am Donnerstagnachmittag, 2. Februar, noch einmal ein Treffen stattfinden soll. Eine Sache sorgt aber noch für Fragezeichen: Kaum ein Wagen entspricht der Straßenverkehrsordnung. Die Narrengilde berichtete von der Ankündigung der Polizei, dass Vergehen auf der Bundesstraße geahndet werden. Im ersten Paragraf dieses Gesetzes ist aber geregelt, dass es auch auf Gemeindestraßen gilt. In Sillian weiß man derzeit nicht, was am Faschingsdienstag passieren wird. In Stein gemeißelt ist nur der Narrenruf: "Rante Putante!"
Michael Egger