Ein lautes Blöken ist schon von Weitem zu hören. Auf dem Hof der Familie Zwischenberger in Lengberg (Nikolsdorf) angelangt, grasen die Schafe noch unbeeindruckt auf der Wiese. Sie wissen offensichtlich noch nicht, was gleich auf sie zukommt – es ist Badetag.
Denn bevor Schafe und Ziegen auf Osttirols Almen oder Weiden dürfen, müssen sie ein Bad als Behandlung gegen Schafräude nehmen. Das schreibt die Bezirkshauptmannschaft vor. Diese Krankheit wird durch Milben ausgelöst und übertragen und führt zu starkem Juckreiz und Ausfallen der Wolle. „Die Räude wird von der Räudemilbe hervorgerufen, das ist ein Ektoparasit, der von den Schafen auch auf das Wild übertragbar ist, zum Beispiel auf Gämsen“, erklärt Thomas Zwischenberger, der rund 400 Schafe hält. Rund 120 davon, „gehen dieses Wochenende auf die Alm ins Debanttal und müssen daher gebadet werden“.

Am Badetag packen alle mit an: Caroline und Jakob Zwischenberger treiben gemeinsam mit Sohn Thomas Zwischenberger und seiner Lebensgefährtin Moni Schönegger die Schafe zusammen
Am Badetag packen alle mit an: Caroline und Jakob Zwischenberger treiben gemeinsam mit Sohn Thomas Zwischenberger und seiner Lebensgefährtin Moni Schönegger die Schafe zusammen © Brunner-Images.at

Bevor es losgeht, wird ein langer schmaler Kanal mit Wasser gefüllt. Wer jetzt allerdings denkt, die Schafe dürfen gleich in einem Schaumbad, das nach frischen Rosen riecht, baden, der irrt. Eher riecht es etwas unangenehm. Denn das Wasser muss mit dem Badezusatz Sebacil, der aus öffentlichen Mitteln zur Verfügung gestellt wird, gemischt werden. Dann ist es auch schon soweit: Thomas Zwischenberger und sein Vater Jakob schmeißen sich für den Badetag extra in Schale. Genauer gesagt streifen sie gelbe Gummistiefel und einen gelben Anzug über – wasserfest versteht sich. Nur wenige Minuten später wird auch uns klar, warum. Schon beim ersten Schaf, das in das Becken springt, bekommen wir – trotz der Vorwarnung „Achtung“, eine unfreiwillige Dusche verpasst – und zwar von Kopf bis Fuß.

Vor dem Almauftrieb müssen die Schafe in Osttirol ein Bad gegen Schafräude nehmen. Das ist Vorschrift. Manchen scheinen es eilig zu haben, andere schwimmen mutig durch das Wasser
Vor dem Almauftrieb müssen die Schafe in Osttirol ein Bad gegen Schafräude nehmen. Das ist Vorschrift. Manchen scheinen es eilig zu haben, andere schwimmen mutig durch das Wasser © Brunner-Images.at

Und es geht feucht-fröhlich weiter. Nach der Reihe werden die Schafe durch den mit Wasser gefüllten Kanal geschickt. Besonders die Lämmer sind etwas zögerlich. Sie brauchen deshalb einen kleinen Schubs und auch Hilfe, um den Kanal zu durchschwimmen. Wichtig dabei sei, dass die wolligen Vierbeiner auch mit dem Kopf kurz unter Wasser sind. Manche scheinen es eilig zu haben, die Prozedur hinter sich zu bringen, andere schwimmen mutig bis ans Ende des Beckens. Und für einen kurzen Moment haben auch wir die nassen Schuhe und Socken vergessen, bis ein Schaf direkt neben uns das Wasser von sich abschüttelt und Hunderte Tropfen in alle Richtungen durch die Luft wirbelt. Nach circa einer halben Stunde ist das Spektakel schon wieder vorbei.

Doch nicht immer war das Schafe baden am Hof der Familie Zwischenberger so unkompliziert wie heute. Vor circa sechs Jahren mussten die Schafe hier noch einzeln in der Badewanne gebadet werden. „Das war mords aufwendig“, erinnert sich Zwischenberger. Stundenlang sei man dabei gewesen.

Doch egal ob früher oder heute – nach dem Bad sind die Tiere vor Krankheiten – wie eben der Räude – geschützt. Unter anderem werden damit „auch Zecken abgetötet“, sagt Jakob Zwischenberger.

© Brunner-Images.at
© Brunner-Images.at