Es wird gemalt, geschnitten, konzipiert, gestaltet und gearbeitet. Die Kunstwerkstatt in Lienz ist ein Ort der Entschleunigung. "Hier darf jeder in seinem Tempo arbeiten und frei an dem arbeiten, was ihm Spaß macht", erklärt Thomas Baumgartner. Er ist seit 27 Jahren Künstler in der Werkstatt, seit einigen Jahren auch Einrichtungssprecher. Bereits zahlreiche Bilder hat er ausgestellt, sein Werk "Hüter meiner Hütte" wurde im Dezember 2021 beim großen Lienzer Adventkalender in einem Fenster der Liebburg abgebildet und im Jänner verkauft. Ob Aquarell, Wachsmalkreide, Buntstift oder Holzarbeiten - die Material- und Motivwahl ist den Künstlern freigestellt.
Eines eint alle 15 Künstler, die hier arbeiten: Sie haben Beeinträchtigungen unterschiedlichster Art. Daher benötigen sie Unterstützung in verschiedenster Form. "Die Herangehensweisen sind so vielfältig, wie es hier Künstler gibt. Es gibt nur minimale Regeln des Zusammenlebens und des reibungslosen Tagesablaufs, aber auch hier wird nur moderierend eingegriffen", erklärt Rudolf Ingruber. Seit 23 Jahren ist er der Standortleiter Kunstwerkstatt. Der studierte Kunsthistoriker gilt als Gesicht der Künstlerstätte. Ein vierköpfiges Betreuerteam mit sozialpädagogischer Ausbildung übernimmt die bereits erwähnte Moderation.
Hildegard Pranter malt gerade auf einer großen Staffelei. Kurz legt sie den Pinsel zur Seite und erklärt: "Ich male eine Kirche, die mir in Villach gut gefallen hat." Sie ist in den letzten Zügen der Arbeit, es steht noch ein Feinschliff an. "Fertig bin ich dann, wenn ich fertig bin", erklärt sie uns, ehe sie den Pinsel wieder in die Hand nimmt. Einige Plätze weiter werkt gerade Beatrix Indrist. Mit Buntstiften widmet sie sich dem Motiv eines Krebses. "Das ist mein Sternzeichen, deswegen passt das gut zu mir", erklärt die Oberdrumerin. Bis zu 15 Künstler arbeiten in der Kunstwerkstatt. Sie sind bei der Lebenshilfe angestellt und bekommen ein fixiertes Gehalt. Künstler wie Elfriede Skramovsky haben es geschafft, weit über die Grenzen Osttirols hinaus zu wirken, sie stellte bereits in Wien, Köln und Kassel aus, bekommt regelmäßig Einladungen von Institutionen.
2015 wurde die Kunstwerkstatt ausgebaut, die Galerie, die in seiner Ursprungsform als älteste Kunstgalerie von Lienz gilt, wurde vergrößert. Sie hat den Zweck, den Künstlern eine Plattform der Präsentation zu bieten. "Kunst endet nicht im Atelier des Künstlers. Es geht um den Trialog zwischen Kunst, Künstler und seinem Publikum. Das ist das Ziel für jeden Künstler, egal wie lange er dafür braucht. Zeit ist unser größter Luxus", erklärt Ingruber. In regelmäßigen Abständen stellen auch Externisten in den Lienzer Räumlichkeiten aus. Derzeit gastieren Keith Rowe und Uwe Bressnik mit einer Ausstellung, in der die Musik im Fokus steht. "Nur der Blick von innen nach außen und außen nach innen schafft letztendlich Identität", weiß Ingruber.