Tirolweit gibt es dieser Tage Aktionen, um auf das Thema Gewalt an Frauen aufmerksam zu machen: Von Frauen gehäkelte lila Rosen sollen im öffentlichen Raum platziert, fotografiert und unter dem Hashtag #rosesagainstviolence auf Rundreise in die sozialen Medien geschickt werden. In Lienz erstrahlen die Bezirkshauptmannschaft, die Evangelische Kirche, das Schloss Bruck und die Mariensäule am Johannesplatz wieder in orangefarbenem Licht. Die Aktion „Orange the World“ findet weltweit statt und dauert 16 Tage lang.

Gewalt findet zunehmend im Internet Verbreitung

„Die Gewalt hat ihr Gesicht in den letzten 20 Jahren verändert“, führte die Tiroler Frauenlandesrätin Eva Pawlata (SPÖ) bei einer Pressekonferenz in Lienz aus. „Jede dritte Frau ist von Gewalt betroffen, und zwar weltweit. Ich habe im Jahr 2006 meine Arbeit im Opferschutz aufgenommen. Damals ging es beim Stalking noch um das Auflauern vor dem Haus. Heute verstecken sich die Täter in der Anonymität des Internets.“

Frauenlandesrätin Eva Pawlata: „Jede dritte Frau ist von Gewalt betroffen“
Frauenlandesrätin Eva Pawlata: „Jede dritte Frau ist von Gewalt betroffen“ © Christoph Blassnig

Brigitte Schieder, Leiterin des Frauenzentrums Osttirol in Lienz, berichtete von „massiven Drohungen“, die Frauen entweder zu hören oder zu lesen bekommen. „Zum Schutz der Frauen sind mehr Ressourcen nötig. Wir brauchen Fachleute, um diese neuen Formen der Gewalt dokumentieren zu können. Es macht mich betroffen, wie stark die Intensität von Gewalt in den sozialen Medien, in Messaging-Diensten und anderen Online-Plattformen zunimmt.“ Formen digitaler Gewalt sind zum Beispiel Mobbing, Hassrede, Stalking oder die Verbreitung privater Daten. „Kinder, auch wenn sie noch sehr klein sind, werden zu stillen Zeugen.“

Im Vorjahr bestätigte die Bezirkshauptmannschaft in Osttirol 28 Betretungs- und Annäherungsverbote, heuer sind es bisher 25. Das Sozial- und das Sicherheitsreferat kümmern sich täglich um solche Fälle, erläuterte Mira Unterkreuter, Stellvertreterin der Bezirkshauptfrau Bettina Heinricher.

Mira Unterkreuter, Susanne Scheran, Eva Pawlata und Brigitte Schieder machen auf Gewalt gegen Frauen aufmerksam
Mira Unterkreuter, Susanne Scheran, Eva Pawlata und Brigitte Schieder machen auf Gewalt gegen Frauen aufmerksam © Christoph Blassnig

30.000 Aufenthaltstage in der einzigen Übergangswohnung in Osttirol

Das Frauenzentrum Osttirol betreibt seit 1986 eine Übergangswohnung für Frauen, die mit ihren Kindern von akuten Gewaltsituationen bedroht sind und sich von ihrem Partner deshalb trennen. Durch die räumliche Aufteilung können bis zu drei Frauen mit Kindern gleichzeitig in dieser Wohnung unterkommen. Über die Jahre haben 123 Frauen mit 148 Kindern Unterschlupf gefunden. Insgesamt zählte das Frauenzentrum 30.000 Aufenthaltstage.

Soroptimistinnen: „Nicht wegschauen“

Der Soroptimist Club Lienz beteiligt sich mit dem diesjährigen Motto „Nicht wegschauen“. „Wir müssen das Thema weiter intensiv sichtbar machen, um betroffenen Frauen zu helfen“, mahnte Soroptimist-Präsidentin Susanne Scheran.

Susanne Scheran ist Präsidentin des Soroptimist-Clubs Lienz
Susanne Scheran ist Präsidentin des Soroptimist-Clubs Lienz © Christoph Blassnig

Erst die Gleichstellung ermöglicht Frauen ein selbstbestimmtes Leben

„Ökonomischer Gewalt können Frauen nur entrinnen, wenn sie Männern gleichgestellt sind“, sprach sich Eva Pawlata für eine gesetzliche Frauenquote aus. „Nur ein Drittel aller Auszeichnungen geht in Tirol an Frauen, ehrenamtliche Arbeit ist in vielen Fällen überhaupt nicht sichtbar. Jegliche Nachteile durch Karenz, Kindererziehung oder beim Pensionssplitting sind abzuschaffen.“

Insgesamt gibt es in Tirol 35 Frauenhaus-Plätze für Frauen und 41 für Kinder, die in Akutsituationen sind. Zusätzlich stehen 40 Plätze für Frauen und 69 Plätze für Kinder in Übergangswohnungen zur Verfügung.