Es ist eine Mischung aus Enttäuschung, Verzweiflung, Zorn und Fassungslosigkeit. Völlig unvorbereitet traf einen Skischulbetreiber und Gastronomie- sowie Hotelbetriebe am Hochstein die Hiobsbotschaft, dass die Lienzer Bergbahnen im Winter überhaupt nicht in Betrieb gehen werden.
„Sie haben mir mit einem Schlag die Existenz genommen“, fasst Christoph Stotter, Inhaber der Skischule Schlossberg, die Situation zusammen. Der junge Landwirt und Familienvater war über viele Jahre auch für die Präparierung des Rodelweges zuständig. „Wir haben dafür Fräsen und Walzen gebaut und gekauft. Alles umsonst.“ Vor Corona war seine Skischule noch mit vier bis fünf Skilehrern am Hochstein auf den Pisten unterwegs. Stotter plante große Investitionen, weil es so gut lief. „Gottseidank haben wir das damals nicht gemacht. Auf ein Wort oder einen Handschlag der Bergbahnen ist einfach kein Verlass.“
Zwölf Mitarbeiter der Moosalm bangen um ihren Job
Das 4-Sterne-Familienhotel Moosalm der Familie Tiefenbacher beschäftigt in der Wintersaison zwölf Mitarbeiter. „Was soll ich denen sagen?“, fragt Seniorchef Reinhard Tiefenbacher. „Wir sind ehrlich gesagt seit Tagen im Schock. Wir können überhaupt nicht sagen, ob und wie es weitergeht.“ Die Gäste erreichen das Hotel normalerweise mit der Kombibahn in der ersten Sektion. „Ohne Seilbahn steht unser Betrieb still“, verdeutlicht der Hotelier seine Lage. Falls die Familie ihr Haus über die Wintersaison tatsächlich geschlossen halten muss, die monatlichen Betriebskosten laufen auf jeden Fall weiter. Ein fünfstelliger Betrag ist dafür jeden Monat fällig. „Wie soll ich meinen Betrieb guten Gewissens an meine Tochter übergeben, unter solchen Vorzeichen?“ Man habe im Vorjahr praktisch alle Stammgäste verloren, die beim Aufenthalt immer gleich für das nächste Jahr gebucht hatten.
Dabei war die Familie Tiefenbacher offenbar noch privilegiert. Bergbahnen-Geschäftsführer Mario Tölderer und TVB-Obmann und Bergbahnen-Aufsichtsratschef Franz Theurl statteten der Moosalm vor einer Woche persönlich einen Besuch ab, um die existenzgefährdende Nachricht zu überbringen. Drei Tage später hatten die Tiefenbachers ein großes Fest angesetzt, um 50 Jahre seit der Betriebsgründung zu feiern. Das Fest fand statt, doch zum Feiern war den Gastgebern nicht mehr zumute.
Andere Unternehmer am Hochstein hatten weniger Glück und erfuhren erst in dieser Woche aus den heimischen Medien, dass es am Schlossberg keine Wintersaison geben wird. In einer Pressemeldung der Bergbahnen war diese Ankündigung eher beiläufig erwähnt. Das Hauptaugenmerk legten die Bergbahnen auf die aufwändig sanierte Einseilumlaufbahn auf das Zettersfeld.
Der Schlossberghof wird überleben, sagt sein Besitzer
„Auch mit mir hat niemand geredet, ich habe das am Mittwoch im Internet gelesen“, erklärt Peter Csonka, aus Ungarn stammender Inhaber des Hotels Schlossberghof am Fuß des Hochstein. „Ich werde das überleben, weil ich im Talboden bin und regelmäßig Monteure, Arbeiter und Vertreter beherberge. Ich sperre vermutlich im Dezember das Restaurant auf für die Weihnachtsfeiern und auch zu Silvester werden wir etwas machen. Aber Jänner und Februar hat das alles keinen Sinn.“
Für seine Familie hatte Csonka immer Sportpässe gekauft, berichtet er. „Seit letztem Jahr nicht mehr. Ich fahre wie meine Gäste nach Vierschach. Da bin ich auf der Piste, während ich bei der Zettersfeldbahn noch herunten in der Schlange stehen würde.“ Vor 15 Jahren hat Csonka den Schlossberghof gekauft und nützte seine guten Kontakte in seine Heimat, um ungarische Gäste nach Osttirol zu holen. „Wenn man die Leute so enttäuscht, kommen sie nie wieder.“
Die Pächter der Sternalm verlassen Osttirol mit Ende September
Heidi Bender und Christian Schiessl betreiben im Sommer die Lasörlinghütte. Vor zwei Jahren haben sie voller Freude den Betrieb der Sternalm übernommen, wollten sogar kaufen. „Niemals wären wir auf die Idee gekommen, dass die Seilbahn im Winter nicht fahren würde“, zeigt sich Schiessl entgeistert. „Im Vorjahr hat man mir im November versprochen, dass der Sessellift in der zweiten Sektion Mitte Dezember fahren und die Piste präpariert wird. Wir haben darauf vertraut, und uns um 40.000 Euro mit Waren eingedeckt. Die Bahn ging nicht in Betrieb, und wir haben alles Geld verloren.“ Schon im Jahr zuvor hatte das Unternehmerpaar 100.000 Euro in den Umbau gesteckt und eine Terrasse gebaut.
„Dass man uns nicht einmal persönlich und vor allem rechtzeitig informiert hat, sagt für mich alles“, empört sich Schiessl. Er und seine Partnerin sperren die Sternalm am 29. September für immer zu. „Wir haben Angebote in Nordtirol.“ Nur den Pachtvertrag müssen sie noch auflösen, weil mit dem Lift die Existenzgrundlage fehlt.
Bergbahnen: „Wir haben das Geld einfach nicht“
TVB-Obmann und Bergbahnen-Aufsichtsratschef Franz Theurl will im Vorfeld mit allen geredet haben. Und er verweist erneut auf die wirtschaftliche Lage des Unternehmens: „Ich laufe jetzt schon fünf Jahre, um die Bergbahnen zu sanieren. Wir haben das Geld für den Winterbetrieb am Hochstein nicht. Auch wenn wir nur die erste Sektion aufsperren, kostet uns das eine halbe Million Euro.“ Es gäbe Pläne für die Zukunft.