Wird eines der Bilder von Albin Egger-Lienz zum Kauf angeboten, versammeln sich Interessenten von New York bis Tokyo. Eine Million Euro kann ein Werk einbringen. Der Osttiroler Maler ist weltbekannt und zählt mit Oskar Kokoschka zu den bedeutendsten Expressionisten Österreichs. Eine Ausstellung, die erst in einem Jahr in Lienz eröffnet und für vier Monate in der Dolomitenbank zu sehen sein wird, wirft bereits heute ihre Schatten voraus.
Der Nußdorfer Kunstsammler und Sachverständige Erich Mair bereitet die Werksschau vor. Die Eröffnung ist am 8. September des kommenden Jahres angesetzt, also auf den Tag genau, als vor 100 Jahren die Kriegergedächtniskapelle bei der Pfarrkirche St. Andrä in Lienz feierlich eingeweiht worden ist. Der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler hat sein Kommen und die Segnung zugesagt.
Die Lienzer Kriegerkapelle geriet in einen Kunst- und Kirchenkrimi
Die Eröffnung der Kriegergedächtniskapelle am 8. September 1925 dürfte eines der größten Volksfeste gewesen sein, die man in Osttirol gesehen hat. 10.000 Menschen sollen damals dabei gewesen sein, auch der Bundespräsident gab sich die Ehre. Albin Egger-Lienz hatte die Gemälde im Inneren der Kapelle geschaffen.
Als der Maler zwei Jahre nach der Eröffnung verstarb, begleiteten erneut Tausende den Trauerzug von der Antoniuskapelle über den Hauptplatz bis zum Friedhof. Dem Wunsch des Malers, in der Kapelle beigesetzt zu werden, hatte man anfangs allerdings nicht entsprochen. Erst nach einem Gemeinderatsbeschluss wurde Eggers Leichnam ein zweites Mal zur Ruhe gebettet, diesmal tatsächlich in der Kriegergedächtniskapelle. Die Überstellung fand zu frühester Morgenstunde statt, und fernab jeder öffentlichen Aufmerksamkeit.
Die Aufregung war so groß, weil Albin Egger seine Vorstellungen gegen alle Widerstände durchsetzte. Die Bildsprache, die der expressionistische Maler für seinen Auferstandenen gewählt hatte, strapazierte das Kunstverständnis in der Zwischenkriegszeit und spaltete nicht nur den heimischen Klerus und das Kirchenvolk, sondern empörte sogar die Reihen der Kardinäle in Rom. In einem jahrelangen Kunst- und Kirchenkrimi überwarfen sich immer wieder die Ereignisse. Eggers Christus hat nämlich keine heroische Figur, sondern zeigt den knöchernen Körper eines Kriegsheimkehrers und lenkt den Blick zusätzlich auf einen Faltenwurf im Lendentuch.
Der Vatikan verhängte wegen Eggers Christus einen Bann über die Kapelle
Eggers Darstellung des Auferstandenen erzürnte die Obrigkeiten im Vatikan so sehr, dass sie die Kriegergedächtniskapelle in Lienz mit einem Interdikt belegten, das fortan jede kirchliche Feier darin untersagte. Und zwar so lange, bis Eggers Auferstandener aus der Kapelle entfernt würde. Was nicht geschah. Erst 1983 hat die Kirche in Rom mit einem Schlag sämtliche Interdikte über unzählige Bauwerke weltweit mit einem Schlag aufgehoben. Vier weitere Jahre sollte es dann immer noch dauern, bis auch in Lienz die Aufhebung des Bannes endlich offiziell gemacht worden ist.
Die Albin Egger-Lienz-Schau soll weltweit Aufmerksamkeit erlangen
Die Schau in der Dolomitenbank wird nicht nur 30 Gemälde Albin Eggers umfassen, sondern auch Bilder von Franz von Defregger, Hugo Engl, Karl Untergasser sowie Josef Manfreda. Die meisten Werke sind in Privatbesitz und werden erstmals öffentlich zu sehen sein. Die Vorlaufzeit von einem Jahr bis zur Ausstellungseröffnung nutzt Erich Mair, um weltweit Interesse zu wecken. Die Schau soll weit über die europäischen Kunstkalender hinaus bekannt gemacht werden. Artikel in Fachzeitschriften sind im Vorfeld genauso geplant wie eine 45-minütige Dokumentation des ORF. „Die Werke Albin Eggers und unserer bedeutendsten heimischen Kunstschaffenden rücken nicht nur die Stadt Lienz, sondern auch Osttirol und Österreich in den Mittelpunkt des weltweiten Interesses“, ist Initiator Mair überzeugt.
Erstmals wird ein lange verschollen geglaubtes Gemälde von Karl Untergasser zu sehen sein. Ob Untergasser mit seiner Darstellung von Teufeln, die offenkundig Albin Eggers Bildnis des Auferstandenen verspotten, der schimpfenden Meute gefallen wollte oder den Spott der Spötter brandmarkte, bleibt vermutlich ungeklärt.