Der Sonntagabend in elf Tagen wird wieder ein Fest der Rechenkünstler. Das gilt auch abgesehen von Hochrechnungen der Nachwahlbefragungen, den Exit Polls. In den Hinterzimmern der Parteien sitzen Spezialisten über Excel-Tabellen, die etwas komplizierter sind als jene, die dank der Wachsamkeit von ORF-Mann Martin Thür Andreas Babler statt Hans Peter Doskozil zum Parteichef werden ließ. Es geht um Berechnungen mit Hilfe des D’Hondtschen Systems, nach dem die Mandate vergeben werden.
Ohne sich auf die Feinheiten dieser Tabellen einlassen zu müssen, ergeben sich für Tirol und Kärnten diesmal besonders knifflige Voraussetzungen. Denn die jüngste Volkszählung hat einen der 183 Sitze des Nationalrats zwischen diesen Bundesländern verschoben. Er wandert vom Regionalwahlkreis 2D – er umfasst die Bezirke St. Veit, Völkermarkt und Wolfsberg – zu 7B, den Innsbruck-Land und Schwaz bilden. Kärnten hat nur noch zwölf Mandate, Tirol nun bereits 16. So lautet zumindest die Theorie.
Höhere Wahlbeteiligung schaffen
Dass die Zahl der Abgeordneten aus keinem Bundesland den ihnen zugeordneten Sitzen entspricht, liegt daran, dass nur ein Teil der Sitze über die Regionalwahlkreise vergeben wird. Viele Kandidaten schaffen es erst über die Landes- oder Bundesliste ins Hohe Haus. Dass es aus Osttirol (7E) noch nie jemand direkt in den Nationalrat geschafft hat, wurde in dieser Kolumne schon einmal beschrieben. Die Ursache dafür liegt in der Wahlzahl. Sie ergibt sich durch Teilung der gültigen Stimmen durch die zu vergebenden Mandate. Der so auf Landesebene ermittelte Wert gilt für alle Regionalwahlkreise. In Kärnten waren das zuletzt beinahe 24.000, in Tirol fast 26.000. Die ÖVP hat dort drei direkte Mandate erreicht und hier vier. Die SPÖ ging überall leer aus, verfehlte in Kärnten-Ost (2D) den Sitz aber nur um 464 Stimmen. In Innsbruck-Land (7B) verlor sie 2019 wie die FPÖ ihr 2017 erreichtes Grundmandat.
Durch die Verschiebung werden wahrscheinlich – abhängig von der Wahlbeteiligung – diesmal die schon im Regionalwahlkreis erreichbaren Sitze in Kärnten teurer als in Tirol. Die ÖVP dürfte dort alle 2019 auf dieser Ebene erzielten Mandate verlieren. In Innsbruck-Land muss sie mit dem Verlust des zweiten Sitzes rechnen, während dort die blaue und rote Konkurrenz berechtigt hoffen. Und im Bezirk Lienz (7E)? 2019 hätte hier die ÖVP 92,6 Prozent für ein Grundmandat benötigt. Es geht eher darum, wieder eine höhere Wahlbeteiligung als die Wahlzahl zu schaffen. Seltener Trost für Osttirol: Der türkisschwarze Bezirksspitzenkandidat Norbert Totschnig führt auch die Landesliste an.