Von seinem Aussichtspunkt auf einer Holzplattform am Ufer überblickt Johann Gerhardt den Tristacher See und nickt zufrieden. Die Aufsicht des beliebten Badesees zählt seit vielen Jahren zu den Aufgaben des Lienzer Rettungsschwimmers. Den ersten Kontakt zu der Organisation gab es im Jahr 1967, als ein guter Bekannter ihm von der Wasserrettung erzählte: „Weil ich ein guter Schwimmer war, meinte er, dass das zu mir passen könnte. Auch, dass es sich um einen guten Zweck handle und man die eigenen Fähigkeiten verbessern könne, hat mich damals überzeugt.“ 1969 machte der heute 72-Jährige den Helferschein und anschließend noch den Retterschein.

Nach mehreren Jahren in der Einsatzgruppe der Wasserrettung, die bei Notfällen alarmiert wird, trat 2013 der damalige Leiter der Lienzer Dienststelle an Gerhardt heran und bat ihn, als sein Nachfolger die Schwimmkurse für Kinder und beeinträchtigten Jugendlichen zu übernehmen. „Er meinte, dass ich charakterlich dafür geeignet wäre und weil ich Kinder auch sehr mag“, erinnert sich Gerhardt. Es sei der Reiz dieser besonderen Aufgabe gewesen, weshalb er die Aufgabe, nach einigen Vertretungen, voll übernahm. Seitdem steht der 72-Jährige regelmäßig im Schwimmbad. „Die Kinder haben so viel Spaß am Schwimmen, genießen es sehr, im Wasser zu sein und wir können ihnen damit ein Stück mehr Lebensqualität geben. Außerdem können wir dadurch ihre Eltern etwas entlassen, die mit der Betreuung der Kinder ohnehin genug zu tun haben.“ Zusätzlich engagiert sich Gerhardt noch bei Erste-Hilfe-Kursen, Geräteschulungen, bei den regelmäßigen Reinigungen der Flüsse, unterstützt bei der Überwachung des Dolomitenmannes und ist bei Schwimmprüfungen dabei.

Suchaktion mit Happy End

Auch wenn die Zeiten als Teil der Einsatzgruppe längst hinter ihm liegen, denkt der Lienzer gerne daran zurück. Tragische Einsätze habe er vor allem in seiner Anfangszeit bei der Osttiroler Wasserrettung erlebt. An einen Vorfall, der eine glückliche Wendung nahm, erinnert er sich noch heute: „Als ich bei einem See die Badeaufsicht hatte, kamen besorgte Gäste auf mich zu und erzählten von Kleidungsstücken, die schon stundenlang verlassen auf der Wiese liegen würden. Wir haben daraufhin eine Suche gestartet und auch einen Aufruf im Bad gemacht, doch der Besitzer blieb verschwunden. Kurz vor Badeschluss tauchte er dann plötzlich auf und erzählte, dass er in einem nahegelegenen Gasthaus gewesen sei.“

Mit seinen 55 Dienstjahren zählt Gerhardt zu den ältesten aktiven Mitgliedern der Osttiroler Wasserrettung. Diese Zeit und vor allem der Kontakt mit benachteiligten Gruppen lehrte ihm, das Leben und die Gesundheit wieder mehr wertzuschätzen und weniger auf Materielles zu achten.

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