„So eine Gelegenheit erhält man in Osttirol nur einmal, also habe ich diese Chance nutzen müssen“, lächelt Spitzenkoch Josef Mühlmann, Inhaber des Gannerhofes in Innervillgraten. „Andere kaufen sich ein E-Bike oder einen Heulader. Ich besitze jetzt einen historischen Straßenbahnwagen aus Wien.“ Die Tram ist in Lienz wieder auf die Gleise zurückgekehrt.

Das Stahlross sollte nach seiner Sanierung ursprünglich vor dem Gannerhof positioniert werden. „Huben hat einen Bahnhof, Innervillgraten eine Straßenbahn, das war mein Plan“, scherzt der Gastronom. Als die Eisenbahnfreude in Lienz von Mühlmanns Vorhaben erfuhren, klärten sie den unbedarften Käufer der McDonalds-Kindergeburtstags-Tram auf: Es handelt sich um einen seltenen Straßenbahnwagen mit eigenem Antrieb.

Tatkräftige Unterstützung für den stolzen Neo-Straßenbahnbesitzer: Sohn Jakob Mühlmann und sein Freund Aaron Walder begleiteten Josef Mühlmann
Tatkräftige Unterstützung für den stolzen Neo-Straßenbahnbesitzer: Sohn Jakob Mühlmann und sein Freund Aaron Walder begleiteten Josef Mühlmann © Christoph Blassnig

Doch keine Straßenbahn in Innervillgraten

Gebaut wurde der Wagen in Wien, und zwar sechs Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Noch im gleichen Jahr, also 1951, nahm die Garnitur ihren Dienst bei den Wiener Verkehrsbetrieben auf. Als der Wagen für die Personenbeförderung ausgemustert wurde, erhielt er eine knallgelbe Lackierung und diente forthin als Arbeitsfahrzeug für die Schieneninfrastruktur. Über Stationen in Kärnten gelangte die Straßenbahn vor vielen Jahren nach Osttirol.

„Mein Opa hat am Semmering die Liebe zur Eisenbahn in mir geweckt, als ich selbst noch ein Kind war“, verrät Mühlmann. Nachdem klar wurde, dass von diesen historischen Wagen nur noch drei Stück in ganz Österreich existieren, entschied der Spitzenkoch: „Wir lassen die Original-Lackierung der Wiener Verkehrsbetriebe wiederherstellen. Die Garnitur kommt doch nicht nach Innervillgraten, sondern muss nach Jahrzehnten unbedingt wieder zurück auf die Schienen. Meine Straßenbahn bleibt als Dauerleihgabe beim Museum der Eisenbahnfreunde in Lienz.“ Per Schwertransporter und Kranwagen wurde der Wagen am Donnerstag von der Lackiererei in Leisach zum Eisenbahnmuseum beim Lienzer Bahnhof überstellt. Der Innenausbau der Straßenbahn steht noch bevor.

Überstellung mit Schwertransporter und Kran

Ein Kranwagen hat die Straßenbahn vor dem Eisenbahnmuseum auf die Schienen gehoben
Ein Kranwagen hat die Straßenbahn vor dem Eisenbahnmuseum auf die Schienen gehoben © Christoph Blassnig

Den Wagen kann man für kleine Events mieten

Obfrau Sonja und ihre Ehemann Karl Notdurfter vom Verein der Eisenbahnfreunde Lienz (EBFL) zeigten sich nach der Ankunft der Straßenbahn vor dem Museum begeistert: „Wir sind Josef Mühlmann zu großem Dank verpflichtet. Der Wagen bereichert unsere Ausstellung.“ Es handle sich zwar nicht um eine Eisenbahn, dennoch lobte Sonja Notdurfter das „wunderschöne Gefährt“ in den höchsten Tönen.

Der Spitzenkoch plant, einmal im Monat feinste Gastronomie in der seiner Tram aus Wien anzubieten. Der Wagen kann für kleine Veranstaltungen gemietet werden. Auch auf Nostalgiefahrten der Eisenbahner soll es zukünftig hochklassige Verköstigungen von Osttiroler Spitzenköchen geben. „Ich bin heute einfach stolz und freue mich sehr. Das ist der pure Freizeitgenuss für mich“, verkündete der Neo-Straßenbahner aus Innervillgraten mit einem breiten Lächeln.