Josef „Pepi“ Gasteiger blüht auf, wenn er von den Anfängen des Paragleitens in Österreich erzählt. In den Siebzigerjahren war der Osttiroler Mitglied einer deutschen Curling-Mannschaft und mit ihr vierfacher Meister. Er kehrte nach Österreich zurück, um in Kitzbühel eine Curling-Gruppe zu trainieren. Mit den Sportlern kam er viel herum. Bei einem Bewerb in der Schweiz blickte Pepi, wie ihn alle nennen, in den Himmel und meinte zuerst, einen Fallschirmspringer auszumachen. Dann Verwunderung: „Der trägt ja Ski!“ Der Osttiroler Curling-Trainer eilte zum Landeort und stellte den Piloten zur Rede: „Du, ich bin Drachen- und Segelfluglehrer. Wie funktioniert das, was du da machst?“ Der angesprochene Schweizer erklärte stolz, Skilehrer zu sein. Nach Dienstschluss schnalle er sich den Gleitschirm auf den Rücken und fliege täglich ins Tal. „Leih dir Ski und Schuhe, einen Schirm bekommst du von mir. Wir treffen uns morgen am Berg.“

„Links ist für links, rechts ist für rechts.“

Die Einführung in die Kunst des Fliegens mit einem Paragleiter am nächsten Tag fiel kurz aus: „Links ist für links, rechts ist für rechts.“ Die beiden fuhren auf der Piste an, stiegen in die Lüfte und landeten problemlos. Pepi Gasteiger war völlig begeistert: „Das ist der richtige Sport für mich..“ Der Paragleiter-Schirm war im Vergleich zu einem Hängegleiter äußerst kompakt und konnte leicht allein getragen werden. Entwickelt hatten das Fluggerät einige Draufgänger, die sich mit Fallschirmen von hohen Felsklüften stürzten.

Fluglehrer Pepi Gasteiger lernte: „Links ist für links, rechts ist für rechts.“
Fluglehrer Pepi Gasteiger lernte: „Links ist für links, rechts ist für rechts.“ © KK/Privat

Die erste österreichische Meisterschaft fand in Sillian statt

Pepi Gasteiger sicherte sich bei einem Schweizer Produzenten die Österreich-Vertretung, brachte seine Paragleiter mit nach Osttirol, und lud befreundete Leiter von Flugschulen aus ganz Österreich zu sich ein. In Sillian staunten die Kollegen, zwei Drittel aller Flugschulenbetreiber des Landes waren Pepis Einladung gefolgt, dann nicht schlecht. Der Gleitschirmpionier führte ihnen vor, was sie zu tun haben: „Links ist für links, rechts ist für rechts. Es war einen Riesen-Gaudi!“ Der Übungshang mit 150 Metern geriet für die Fluglehrer nicht zur Herausforderung, im Gegenteil. „Jeder wollte sofort einen Schirm haben.“ Pepi sollte als Generalvertreter im ersten Jahr 200 Stück verkaufen. Es waren im ersten Jahr 800.

Gasteiger organisierte gleich noch im selben Jahr die erste österreichische Meisterschaft. Unter den zwölf Teilnehmern aus Österreich konnte er sich in Sillian unangefochten auf den Spitzenplatz fliegen. Im Vergleich zu den 20 Teilnehmern aus der Schweiz hatte der Osttiroler aber das Nachsehen.

Die Flugbehörde musste den Gleitschirm erst kennenlernen

Es dauerte nicht lange, bis dem Flugschulbetreiber eine Strafverfügung der Bezirksbehörde Lienz zugestellt wurde. 300 Schilling sollte Gasteiger bezahlen, weil er ohne Ausbildung ein Luftfahrtgerät ohne Zulassung fliege. „Daraufhin habe ich zwei Beamte des Bundesamtes für Zivilluftfahrt nach Kössen eingeladen, damals das Mekka des Flugsports in Österreich. Die beiden hatten noch nie einen Paragleiter gesehen und waren schnell überzeugt. Nach dem Abendessen haben wir in zwei, drei Stunden die Richtlinien für das Paragleiten sowie die Ausbildung in Österreich niedergeschrieben.“

Gasteiger kaufte sich in Kössen ein Haus und richtete im Erdgeschoß einen Shop ein. Noch heute lebt der Mittachtziger dort und zieht bei schönem Wetter hoch über dem Land seinen Runden. „Das Fliegen bereitet mir immer noch großes Vergnügen.“

Gasteiger entwickelte Rettungsschirme für den Notfall

Dass der Sport sehr gefährlich sein kann, weiß auch Gasteiger. „Ich hing einmal 200 Meter über dem Gipfel des Thurntaler an den Schnüren unter meinem Schirm, als mich schlagartig die Angst packte: Was, wenn jetzt etwas kaputt wird?“ Josef Gasteiger entwickelte Fallschirme für den Notfall und gehört heute weltweit zu den größten Produzenten solcher Rettungsschirme.

Viele Gleitschirm-Piloten vertrauen heute Rettungsschirmen von Pepi Gasteiger
Viele Gleitschirm-Piloten vertrauen heute Rettungsschirmen von Pepi Gasteiger © KK/Privat

Kürzlich war Pepi wieder für einige Wochen in Afrika. Seit dem Jahr 2012 unterhält Gasteiger nämlich in Uganda ein Charity-Projekt. „Ich zahle für aktuell 520 Schüler das Schulgeld.“ Regelmäßig besucht er seinen Heimatbezirk. Einmal im Jahr hält Pepi Gasteiger in der Pfarrkirche Heilige Familie in Lienz einen Vortrag. „Mit diesen Spenden gehen wieder neue Kinder in Uganda zur Schule. Das ist mir ein Herzensanliegen.“