Jenes Mobilitätszentrum, das die ÖBB seit 2018 rund um den kernsanierten historischen Bahnhof in Lienz angelegt haben, bietet unter anderem den einzigen Bahnsteig in Österreich, der eigens für Radfahrer gebaut wurde. Dazu ein überdachtes Busterminal, eine neue Brücke über die Drau sowie eine Rad-und Fußwegunterführung. Die ÖBB stellten kürzlich sowohl der Stadt als auch dem Land die Schlussrechnung für das Bauprojekt zu. Die mit der Preisbasis vom 1. Juni 2017 projektierten Baukosten von knapp 29 Millionen Euro konnten demnach nicht eingehalten werden. Sämtliche Fraktionen im Lienzer Gemeinderat waren in der jüngsten Sitzung dennoch voll des Lobes für das Mobilitätszentrum.
„Ein Juwel, das wir da haben“, äußerte sich Kathrin Jäger (ÖVP). Gerlinde Kieberl (Grüne) wies darauf hin, dass noch keine Einweihung unter der Teilnahme der Bevölkerung stattgefunden hat. Franz Theurl (Team Lienz) sieht großes Potenzial für den Tourismus. Jäger bedauerte, dass es wegen Alkoholkonsums häufig zu Polizei- und Rettungseinsätzen komme, und das bereits an Nachmittagen. „Wir wollen keine Zustände wie am Bahnhof in Innsbruck, da heißt es durchgreifen“, ergänzte Manuel Kleinlercher (FPÖ). „Ich werde die ÖBB noch einmal darauf hinweisen“, sicherte Bürgermeisterin Elisabeth Blanik zu.
Laut Vertrag hat die Stadt einen Anteil von 16, 17 Prozent an den Gesamtkosten zu tragen. Trotz Bedarfszuweisung und der Beteiligung des Planungsverbandes 36 Lienzer Talboden liegt der zusätzlich zu zahlende Beitrag der Stadt bei rund einer Million Euro. Die Bürgermeisterin begründete die Kostensteigerung mit notwendigen Mehrleistungen. Ungeplant und teuer war etwa die Entsorgung von kontaminiertem Bodenaushub südlich des Bahnhofs. „Der Boden gehört den ÖBB, verschmutzt haben ihn die ÖBB, aber bezahlen müssen wir alle.“ Die massiven Preissteigerungen und Inflationsschübe der Jahre 2021 und 2022 hätten die Projektpartner dagegen nicht im befürchteten Ausmaß betroffen.
Kreisverkehr in der Tristacher Straße
Noch vor Beginn der Gemeinderatssitzung erreichte die Stadt die Information, dass es sich bei der südlichen Straßenanbindung des Mobilitätszentrums über die neue Draubrücke an die Tristacher Straße nun doch um einen Kreisverkehr handelt. „Wir haben von der Bezirkshauptmannschaft einen Screenshot des Bescheides bekommen“, führte Blanik aus. Diese Wendung erstaunte manche Gemeinderäte, hatten die Verantwortlichen doch jahrelang auf die Formulierung gepocht, dass es sich bei diesem Verkehrsknoten eben nicht um einen Kreisverkehr, sondern um eine Kreuzung handle.
Die Entfernung des Bauzauns im Zentrum des Kreisverkehrs soll nun rasch erfolgen. Für die unbürokratische und kostengünstige Gestaltung des Verkehrsknotens wollen sich Stadtbaumeister Klaus Seirer und Stadt-Amtsleiter Alban Ymeri höchstpersönlich ins Zeug legen.
Christoph Blassnig