Die Freude unter den Verantwortlichen in Osttirol ist groß, die Erwartungshaltung ebenso: Das Management Center Innsbruck (MCI) übernimmt den Campus in Lienz. Die Tiroler Privatuniversität UMIT zieht sich zurück. Das MCI wartet mit gleich fünf Studiengängen auf: Das ist einmal Umwelt-, Verfahrens- und Energietechnik, weiters das Studium Smart Building Technologies mit Mechatronik sowie der Studienzweig Design und Innovation. Außerdem bringt das MCI sein Hochschulstudium für Medizin-, Sport- und Gesundheitstechnologie nach Lienz und wird einen Abschluss als Wirtschaftsingenieur anbieten. Das Konzept zum Studienangebot hat das Departement Forschung & Entwicklung des MCI entwickelt.
Der Neustart als Studienstandort ist für das Jahr 2025 geplant, der dazu notwendige Beschluss der Landesregierung ist am Dienstag gefallen. Die Tiroler Wissenschaftslandesrätin Cornelia Hagele, Michael Kraxner, Leiter der Forschung & Entwicklung Services des MCI sowie die Bezirksobfrau der Wirtschaftskammer Tirol im Bezirk Lienz, Michaela Hysek-Unterweger, stellen die Details am Freitag, 12. April, am Campus vor.
Wunsch nach eigenständigen Strukturen in Lienz
Der in Osttirol lebende Wirtschaftswissenschafter René Schmidpeter hätte sogar einen Neustart des Campus im kommenden Herbst für machbar gehalten. Die angekündigten Studienzweige würden ja bereits bestehen, argumentiert der Professor. „Wir freuen uns in Osttirol jedenfalls sehr über das Bekenntnis der Zuständigen zum regionalen Unistandort in Lienz.“ Gleichzeitig betont der Gelehrte, dass die Region mit der Standortagentur Innos und der Wirtschaftskammer den neuen Träger beim Aufbau nach Kräften unterstützen werde. „Wir haben eine große Chance für den Bezirk und schreiben Zeitgeschichte. Wichtig scheint mir, dass es uns gelingt, in Lienz auch eigenständige Strukturen einzurichten.“ Zentral sei etwa die Frage, ob sich Professoren niederlassen. Diese würden Kontakte knüpfen und wissenschaftliche Forschungen anstoßen, von der nicht zuletzt Unternehmen im Einzugsbereich profitieren sollen.
MCI startet am Campus mit Basisausbildung
Zu Beginn dürfte offenbar geplant sein, sämtliche Studenten in Lienz in zwei „Eingangssemestern“ und unabhängig von ihrer Studienrichtung zu sammeln und sie erst im zweiten Jahr zur Ausbildung in ihrer Fachrichtung nach Innsbruck zu holen. Die fünften und sechsten Semester könnten die Studierenden dann wiederum in weiten Teilen am Campus in Lienz leisten. Damit stünden die jungen Leute heimischen Unternehmen nicht nur für Berufspraktika zur Verfügung, sondern könnten in Osttirol auch ihre Abschlussarbeiten schreiben.
„Neustarten statt Weiterdarben oder Zusperren“
„Wir freuen uns sehr auf die Zusammenarbeit mit dem MCI und in der Folge auf Kooperationen mit unseren Betrieben“, begrüßt Johann Kollreider, Bezirksstellenleiter der Wirtschaftskammer in Lienz, den Richtungswechsel. „Ich begrüße den Mut der politisch Verantwortlichen.“ Es habe beim Campus drei Möglichkeiten gegeben: „Neustarten, Weiterdarben oder Zusperren.“ Er habe sowohl mit Landeshauptmann Anton Mattle als auch Landesrätin Hagele Gespräche geführt und dabei die Bedeutung des Standortes für den Bezirk Lienz untermauert.
Kollreider setzt große Hoffnungen in den neuen Träger mit Andreas Altmann an der Spitze. Altmann ist wie auch Schmidpeter Wirtschaftswissenschafter und wurde 1997 am Management Center Innsbruck zum Gründungsgeschäftsführer bestellt. Seit 2012 steht er dem MCI als Rektor vor und wurde 2013 zum Honorarprofessor an der Universität Innsbruck ernannt.
„Professor Altmann zeichnet besonders aus, dass er in Innsbruck sehr erfolgreich das MCI auf zahlreiche Organisationeinheiten in der ganzen Stadt aufgeteilt hat“, erklärt der Lienzer WK-Bezirksstellenleiter. „Auf diesen Erfahrungen dürfen wir als dezentraler Universitätsstandort aufbauen und uns entwickeln.“
Ein Positionspapier aus Osttirol dürfte die Wende gebracht haben
Kollreider ist überzeugt, dass jenes Positionspapier, das 15 führende heimische Unternehmen dem Landeshauptmann und seiner Bildungslandesrätin zu Beginn des Jahres vorgelegt haben, deutliche Bewegung zugunsten eines Neustarts des Campus gebracht hat. „Wir wollen uns so bald wie möglich mit Rektor Altmann zusammensetzen, um die weitere Vorgehensweise abzustimmen.“
Wie Schmidpeter hofft auch Kollreider, dass nach dem einmal erfolgten Aufbau des Studienbetriebes in Lienz mittelfristig eine zusätzliche Studienrichtung entstehen kann, wie sie sonst nirgendwo angeboten wird. „Dieses Ziel eines Alleinstellungsmerkmals ist ja auch ein wesentlicher Bestandteil unseres Positionspapiers und soll ein Anreiz für junge Menschen sein, ihre universitäre Ausbildung in Lienz zu machen.“ Das mögliche Einzugsgebiet umfasse die österreichischen Nachbarbundesländer genauso wie Norditalien und Süddeutschland.