„Mein Recht! Ich geb nicht auf“, heißt jenes Fernsehformat des österreichischen Privatsenders ATV, das die Grundbesitzer Elisabeth Trager und Stephan Köll nach Matrei holen. „Ich habe mir über viele Jahre in meiner Heimatgemeinde viel gefallen lassen müssen“ argumentiert Trager. „Immer wieder hat es dabei geheißen, dass öffentliches Interesse besteht. Darum bin ich nun fest davon überzeugt, dass die Öffentlichkeit ein Recht darauf hat, sich endlich selbst ein Bild zu machen“, argumentiert Trager.
Wie berichtet, hat das Land Tirol für den Bau eines Radweges in Matrei in Osttirol ein Enteigungsverfahren gegen Trager und Köll eingeleitet, nachdem vor drei Wochen in einer rund siebenstündigen Sitzung mit Vertretern des Landes und des Baubezirksamts keine Einigung erzielt werden konnte. „Aktuell wird seitens der Behörde ein entsprechender Bescheid vorbereitet. Dieser wird voraussichtlich zeitnahe – innerhalb der kommenden Wochen – abgeschlossen und versandt werden“, teilte das Land auf Anfrage mit.
„Es geht uns nicht ums Geld“
Und obwohl die Gemeinde Matrei zuletzt den angebotenen Quadratmeterpreis für die beanspruchte Fläche im Ausmaß von rund 2500 Quadratmetern von unter 15 Euro auf rund 37 Euro angehoben hat, wehren sich die Grundeigentümer nach wie vor gegen die Enteignung ihres Eigentums. „Es geht uns nicht ums Geld. Man hat mit uns einfach nicht geredet, sondern im Stillen geplant und gebaut. Wir wurden dann per angedrohtem Enteignungsverfahren vor vollendete Tatsachen gestellt.“
Dabei ist anzumerken, dass die Gemeinde über die Höhe der Abgeltung gar nicht selbst bestimmen kann. Denn nach der Offenbarung durch Wirtschaftsprüfer vor einem Jahr, dass Matrei in Osttirol mit einem Schuldenstand von 35 Millionen Euro massiv überschuldet ist, wurde die Gemeinde zu einem strikten Sparkurs verdonnert und hängt finanziell am Tropf des Landes. Indirekt muss also das Land und damit der Steuerzahler für den geplanten Verkehrsknoten samt Radweg bezahlen.
„Tatsächlich glaube ich, dass der Radweg nur vorgeschoben wird, um in diesem Zuge längst geplante Zufahrten von der Felbertauernstraße in das Gewerbegebiet in Beton zu gießen“, meint der betroffene Landwirt. Üblicherweise sei für Radwege nicht das Land, sondern die Gemeinde zuständig. Das Land gibt dazu an, dass „Radwege an Landesstraßen Bestandteile der Straße“ seien, „daher kann die Landesstraßenverwaltung hierfür um straßenrechtliche Baubewilligung inkl. Grundeinlöse bei der Straßenrechtsbehörde ansuchen.“
Grundbesitzer schlagen eine andere Trasse vor
Die Betroffenen betonen die Dringlichkeit eines Radweges. „Der jetzige Zustand ist lebensgefährlich für Fußgänger und Radfahrer entlang der Felbertauernstraße“, sorgt sich Trager. Für sie und Köll drängt sich jedoch der Verdacht auf, dass sie mit ihren Gunstflächen jetzt die Rechnung zahlen sollen für im Vorfeld zurückgehaltene Raumordnung und Verkehrsplanung. „Die Gemeindeführung hat über Jahre die Ausbreitung des Gewerbegebietes unterstützt. Man hat die Industrie bauliche Voraussetzungen schaffen lassen, sodass jetzt keine anderen Lösungen mehr möglich sein sollen.“
Trager duldete jahrelange die Nutzung ihres Abschnittes eines Uferbegleitweges nördlich der Isel als Radweg. Erst als das Land seine Pläne für den neuen Radweg vorgelegt und dafür mit der Enteignung gedroht hat, sperrte Elisabeth Trager die Durchfahrt dieses beliebten „heimlichen“ Radweges. „Mit gutem Willen lässt sich dort eine verkehrssichere und landschaftlich reizvolle Radwegtrasse schaffen“, ist die Grundeigentümerin überzeugt.
Kritik an „einflussreicher Industrielobby“
„So geht man einfach nicht mit Menschen um“, erbost sich Stephan Köll. Es sei für eine mächtige Industrielobby in Tirol offenbar ein Leichtes, Verfahren nach ihrem Willen und zu ihren Gunsten einleiten zu lassen. In diesem Fall sehen sich die Betroffenen den bis zu 27 Meter hohen Produktions- und Lagerhallen eines Wärmepumpenherstellers gegenüber. Und nicht nur Verkehrszeichen sind auf jenem Privatgrund von Elisabeth Trager, der ihr jetzt abgenommen werden soll, aufgestellt worden. Einen Teil davon hat man sogar schon asphaltiert, um die Felbertauernstraße für den Abbiegeverkehr zu verbreitern. Diese Tatsache wurde ihr am Verhandlungstag vor drei Wochen beim Lokalaugenschein von Verantwortlichen bestätigt. „Das ist eine Machtdemonstration, David gegen Goliath, auch baulich. Aber wir geben nicht auf.“