Vier Tische gibt es in dieser kleinen Kaffeestube. Menschen mit Behinderungen nehmen die Bestellung auf. Sie bereiten Speisen und Getränke zu, servieren und rechnen ab, je nach dem, wie ihr eigener Unterstützungsbedarf es zulässt. Ein junger Mann, der sich nicht sprachlich ausdrücken kann, nutzt zur Kommunikation ein iPad. Er drückt zum Beispiel den Knopf zur Begrüßung. Die Stimme aus dem Tabletcomputer sagt dann zum Beispiel: „Fein, dass du da bist. Was darf ich bringen?“ Eine andere Servicekraft nutzt einen Sprachstift, der Symbole auf der Bestellkarte einliest. Es gab in den acht Monaten seit der Eröffnung keinen einzigen Tag, an dem niemand zu Gast war.
Die Idee zu dieser Zweigstelle war ein Glücksfall, freut sich Andrä Weiler, Leiter der Lebenshilfe-Werkstätte in Sillian. Im Juli des Vorjahres nahm das Kaffeehaus „Stroßa Speis“ seinen Betrieb auf. Es handelt sich zugleich um ein 57 Quadratmeter großes Geschäftslokal, in dem man an sieben Tagen in der Woche von sechs Uhr früh bis 22 Uhr einkaufen kann. Für den Zutritt benötigt man lediglich eine Bankomatkarte, auch die Bezahlung der Waren funktioniert damit. 17 heimische Lebensmittelproduzenten beliefern den Laden mit Nahrungsmitteln aus der Region. „Sie sind alle sehr zufrieden. Besonders an den Wochenenden und in den Abendstunden nutzen erstaunlich viele Kunden das Geschäft, um Waren einzukaufen. Der Bedarf hat mich selbst überrascht“, erzählt der Einrichtungsleiter.
Die Kaffeestube der Lebenshilfe im selben Geschäftslokal ist von Montag bis Donnerstag von 8.15 Uhr bis 12 Uhr geöffnet, an den Freitagen von 13.15 Uhr bis 16.30 Uhr. „Wir haben mit acht Klienten begonnen“, erinnert sich Weiler. Inzwischen haben zwölf Menschen mit Behinderungen in der „Stroßa Speis“ einen Arbeitsplatz gefunden. Zusätzlich zu Kaffee, Tee und frischen Mehlspeisen kann man bei ihnen nun auch ein einfaches Frühstück einnehmen: Es gibt Semmel oder Kornspitz mit Butter und Marmelade. Die Mannschaft kümmert sich außerdem um die Bestückung der Verkaufsregale.
Mitarbeiter nutzen öffentliche Verkehrsmittel
Übrigens gelangen die Mitarbeiter fast immer mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu ihrem Arbeitsplatz in Strassen. Alle besitzen eine Jahreskarte. Das ist Teil des Mobilitätstrainings. Bürgermeister Franz Webhofer staunt, wie gut sich das Projekt entwickelt: „Strassen hat einen Ort der Begegnung bekommen. Die Menschen mit Behinderungen machen hier einen großen Schritt in die Richtung eines barrierefreien, selbstbestimmten und erfüllten Lebens.“
Die Gemeinde hatte die Räumlichkeiten eigens für die „Stroßa Speis“ renoviert und barrierefrei erschlossen, nachdem die kleine Bankfiliale im Gemeindehaus zugesperrt worden war. Die Lebenshilfe bezahlt für das Lokal eine überschaubare Miete, erklärt Weiler. Im hinteren Bereich gibt es einen eigenen Raum als Treffpunkt für Jugendliche. Die „Stroßa Speis“ ist derzeit noch eine Zweigstelle der Lebenshilfe in Sillian, könnte aber zu einer eigenständigen Einrichtung für Menschen mit Behinderungen werden.