An der Innsbrucker Kinder- und Jugendpsychiatrie und der Kinderklinik ist man alarmiert: In den vergangenen zwei Jahren hat die Anzahl an Jugendlichen, die einen gefährlichen Drogenkonsum an den Tag legen, massiv zugenommen. Unter denen, die stationär aufgenommen werden mussten, waren auch gar nicht wenige Jugendliche aus dem Bezirk Lienz.

Klaus Kapelari ist Leiter der Kindernotfallambulanz an der Innsbrucker Klinik und beobachtet mit Sorge die Entwicklung: „Vor der Pandemie hatten wir meist das Problem von Alkoholvergiftungen. In den letzten zwei Jahren hingegen haben wir vermehrt stationäre Aufnahmen, auch auf der Intesivstation, durch Mischintoxikationen.“

„Jugendliche schlucken, was sie gerade bekommen“

Die Jugendlichen würden schlucken, was ihnen gerade in die Hände komme und sie würden immer jünger. An die 70 von ihnen mussten mindestens einmal stationär aufgenommen werden, darunter, so erinnert sich Kapelari, mindestens drei aus Osttirol. Kathrin Sevecke, Leiterin der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Innsbruck und Hall, sieht in dieser Entwicklung einen „Seismographen“ der Gesellschaft: „Kinder und Jugendliche sind der Messgrad für die Belastung der Gesellschaft.“

Viele Jugendliche würden Drogen konsumieren, „weil ihnen alles egal ist“ und „weil sie es nicht mehr aushalten.“ Viele von ihnen schlagen auf der Psychiatrie auf. 2022 waren es laut Sevecke 70 Aufnahmen wegen Drogenkonsums, davon 85 Prozent akut. Pro Jahr seien darunter auch mindestens 10 bis 15, „vielleicht sogar 20“ junge Osttirolerinnen und Osttiroler.

Ambulante Betreuung zu Hause

Das derzeitige Platzangebot decke nur rund die Hälfte des Bedarfes in Tirol ab. Die andere Hälfte, so wäre es der Wunsch von Sevecke, soll durch „Home Treatment“ – also eine Behandlung durch ambulante Teams Zuhause – geschaffen werden. Derzeit gibt es dieses allerdings nur im Großraum Innsbruck. Sevecke: „Ich wünsche mir, dass das auf Osttirol, Oberinntal, Unterinntal und das Außerfern ausgedehnt wird.“ Einig sind sich Kapelari und Sevecke auch, dass es in Osttirol mehr niederschwellige Beratung brauche. Kapelari: „Manchmal haben wir Beratungsgespräche über Video-Schaltung. Einige Jugendliche aus dem Bezirk Lienz erreichen wir eventuell auch, wenn sie am Wochenende ihre Aktivitäten nach Innsbruck verlagern.“ Doch das sei eindeutig zu wenig. Denn, so befürchten die beiden Ärzte, das Problem werde sich mit Glück „auf einem hohen Niveau einpendeln“, keinesfalls aber geringer werden.