„Wir wollen bundesländerübergreifend gemeinsam Lösungen erarbeiten, um das Leben unserer Bevölkerung noch besser zu machen und als Standort noch attraktiver zu werden“. Mit diesen Worten beschrieben Tirols Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) und Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) den Inhalt des Tirol-Kärnten-Gipfels, der bis Dienstag in Lienz läuft. Nach Lösungen schreien mehrere Themen. Eines davon ist ohne Zweifel der Verkehr – jener auf der Drautalstraße (B 100) und aus aktuellen Gründen auch jener über den Plöckenpass. Dieser treibt Transitgegner geradezu auf die Barrikaden. Denn: nach dem massiven Felssturz vor zehn Tagen ist wieder die Diskussion um einen Tunnel entbrannt.
Zu einem Basistunnel hat die Tiroler Landtagsfraktion Liste Fritz eine klare Meinung. Einen solchen mit Einfahrt in Oberdrauburg und Ausfahrt in Paluzza lehnt sie entschieden ab. „Diese Variante wurde bereits in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder ins Gespräch gebracht, allerdings erfolglos. Zurecht, wird damit nur ein weiteres Schlupfloch für den Nord-Süd-Transitverkehr geöffnet. Eine unzumutbare Belastung für die Bevölkerung im Bezirk Lienz, denn der Verkehr auf Osttirols Straßen hat bereits jetzt schon unerträgliche Ausmaße erreicht“, sagt Günther Hatz, der Osttirol-Sprecher der Liste Fritz.
Auch Scheiteltunnel fraglich
Ohne entsprechende Tonnage-Beschränkungen sowie einem Nachtfahrverbot für Lkw lehnt die Liste Fritz auch einen Scheiteltunnel ab. Schon jetzt sei auf der Drautalfurche zwischen Spittal und Franzensfeste in Südtirol eine massive Zunahme des Schwerverkehrs bemerkbar. Hatz: „Gar nicht auszudenken, wenn aufgrund von notwendigen Sanierungsarbeiten die Luegbrücke auf der Brennerstrecke in Nordtirol über Jahre ein Nadelöhr bleibt. Der Anstieg durch den Ausweichverkehr würde vor allem im Bezirk Lienz zu einem unerträglichen Verkehrschaos führen.“
Hier haken die Tiroler Grünen ein. Anlässlich der gemeinsamen Sitzung der Tiroler und Kärntner Landesregierung in Lienz verlangen die sie konkrete Maßnahmen statt leerer Worte gegen den Ausweichverkehr durch Osttirol. „Die Sanierung der Luegbrücke am Brenner rückt immer näher. Der drohende Lkw-Ausweichverkehr durch Osttirol damit auch“, sagt Grüne-Klubobmann Gebi Mair, der dafür Maßnahmen fordert.
„Italienische Transit-Träume von Süden“
Auch die Kärntner Landesregierung sollte an einer Entlastung der Bevölkerung interessiert sein. Das gilt für die B 100 durch das Drautal, aber auch für eine nötige klare Absage an die italienischen Wünsche nach einem Ausbau der B 110 über den Plöcken. Mit der anstehenden Sanierung der Luegbrücke auf der A 13 am Brenner ist großräumiger Ausweichverkehr im Schwerverkehr zu erwarten. Mair hat eine eindeutige Forderung: „Osttirol braucht Durchfahrtsverbote für Transit-Lkw während der Sanierung der Luegbrücke. Und eine klare Haltung der Tiroler und Kärntner Landesregierungen gegen die Transitträume aus Italien. Diese Botschaften erwarte ich mir von einer Klausur der Landesregierungen in Lienz.“
Osttiroler Umweltorganisationen, allen voran die Arge Stop Transit mit Gerhard Unterweger kritisiert, dass bereits über einen Plöckentunnel schwadroniert werde, obwohl die Untersuchungen über die Sanierungsmöglichkeiten nach dem Felssturz noch nicht einmal richtig angefangen hätten. Und obwohl einem solchen schon Anfang der 1990-er aufgrund heftiger Proteste auf landespolitischer Ebene eine Absage erteilt worden sei. Und die Arge informiert: 2019 habe der Vizepräsident des Regionalrats, Stefano Mazzolini, in Gesprächen mit dem nunmehrigen Kärntner Landeshauptmann-Stellvertreter und Straßenbaureferenten Martin Gruber (ÖVP) für einen Plöckentunnel lobbyiert. Ende Juli 2020 habe der LEGA-dominierte Regionalrat mit einem Mehrheitsbeschluss die Regionalregierung verpflichtet, den Plöckentunnel und Zubringer auszubauen, wenn die finanziellen Mittel dafür bereitstünden.
Zur B 100 stellen die Umweltorganisationen fest: „Der bei der Regierungskonferenz in Lienz anwesende Gruber versucht sich unter dem Motto ,Straßenbauoffensive, Standortsicherung, Kärnten als europäische Logistik-Drehscheibe‘ zu profilieren, was für Oberkärnten, Osttirol und das benachbarte Südtiroler Pustertal und die Felbertauernroute nichts Gutes bedeutet, weil dort der Gütertransport praktisch fast nur auf der Straße stattfindet.“