Es regnet. Es stürmt. Es ist alles andere als angenehm auf dem Segelschiff „Northabout“ im Atlantik. Acht Frauen befinden sich darauf – und sie tanzen. Es ist vielleicht jene Szene des Films „Via Sedna“, welche den Spirit des Filmprojekts am besten beschreibt. Marta Guemes aus Spanien, Caro North aus der Schweiz, Maria Sol Massera aus Argentinien, Nadia Royo Cremer, Capucine Cotteaux, Alis Jaekel, Caroline Dehais (alle aus Frankreich) und Ramona Waldner aus Österreich, Osttirol, sind die Hauptakteurinnen des Projekts. Und dieses hat es in sich. Die achtköpfige Gruppe ist von La Rochelle, einer westfranzösischen Hafenstadt, gen Norden aufgebrochen. Das Ziel: Grönland. Sie hätten es sich einfach machen können und ein motorbetriebenes Schiff mieten – sie haben sich für die spektakuläre Variante entschieden und ein 15-Meter-Segelboot beladen, unter anderem mit 18 Kilogramm Schokolade. Vor allem aber mit viel Mut. Die Seglerinnen und Alpinistinnen machten sich auf, um in Grönland eine Bigwall erstzubesteigen. Die Rolle der Osttirolerin Ramona Waldner? Sie hat das Abenteuer der Sportlerinnen mit der Kamera begleitet. Waldner ist als hervorragende Fotografin bekannt. Für „Via Sedna“ ist sie ins kalte Wasser gesprungen – und ist zur Filmerin geworden.

Ihr Freund Alexander Brugger und sein Team von der LM.Media Production waren sofort begeistert von dem Projekt und unterstützten Waldner tatkräftig bei den Vorbereitungen und stellten ihr filmisches Know-how zur Verfügung. Die Filmgesellschaft ist in der Sportwelt keine Unbekannte – sie hat den Wandel Toni Palzers vom Skibergsteiger zum Radprofi emotional inszeniert.

Die Sportlerinnen verloren auch bei schlechtem Wetter nicht den Spaß an der Sache. Das Durchhaltevermöge hat sich ausgezahlt
Die Sportlerinnen verloren auch bei schlechtem Wetter nicht den Spaß an der Sache. Das Durchhaltevermöge hat sich ausgezahlt © Ramona Waldner

Weiblich & clean

Auf hoher See und am Berg versuchte Ramona Waldner dann, das neue technische Wissen mit ihrem fotografischen Stil für das Geschichtenerzählen zu kombinieren. Und es ist eine atemberaubende Geschichte geworden. Nach sechs Wochen auf dem Meer erreichte das Team die Ostküste Grönlands. Der Weg führte sie in den größten Fjord der Welt, in den Scoresby Sund. Durch Eisberge und Eisschollen suchten sie den Weg an Land – mit Erfolg. Die Alpinistinnen mit Filmemacherin Ramona Waldner wurden an Land abgesetzt und es begann ein Wettlauf mit der Zeit und dem Wetter, das sich noch immer von seiner schlechten Seite zeigte. Die erste Herausforderung bestand darin, ein Labyrinth von Spalten auf einem großen Gletscher zu durchqueren und das gesamte Material in mehreren Tagen hindurchzutragen. Dann stellten sich die drei erfahrenen Alpinistinnen der bisher unbestiegenen Ostwand des Northern Sun Spire. In drei Tagen und mit einer Nacht in der Wand gelang es dem Team, bis zum Ende der massiven Felswand zu klettern und rechtzeitig vor dem nächsten Schneesturm auf den Grat zu gelangen.

16 Seillängen später war das Ziel erreicht. Sie nannten die Erstbegehung „Via Sedna“. Das Besondere an der Expedition: Sie war nicht nur weiblich, sondern auch sauber. Die Gruppe kletterte „clean“ und ließ nur Material zum Abseilen zurück.

Filmemacherin und Fotografin Ramona Waldner
Filmemacherin und Fotografin Ramona Waldner © Ramona Waldner

Goldener Eispickel

„Wir wollen alle ermutigen, ihren Träumen zu folgen und hoffen, andere Frauen zu inspirieren, unbekannte Wege zu gehen“, sagt Waldner. Doch ihre Reise ist noch nicht zu Ende. Am Mittwoch, 25. Oktober, findet im Lienzer CineX die Filmpremiere statt. Sie ist seit Tagen ausverkauft. Ab Mittwoch, 8. November, wird der Film dann regulär im Kinoprogramm sein. Unabhängig davon, wie viele Menschen sich den Film in den Kinos ansehen – die Gruppe rund um Ramona Waldner hat Bergsportgeschichte geschrieben. Die Erstbesteigung des „Via Sedna“ wird beim Piolet d’Or (Goldener Eispickel) eine Sonderauszeichnung erhalten. Sie gilt als die bedeutendste Auszeichnung im extremen Bergsport und wird seit 1991 vom „Montagne Magazine“ vergeben. Bekannte Preisträger aus Österreich sind die verunglückten Berg-Legenden David Lama und Hansjörg Auer.