Am Montagabend, 19.45 Uhr, klingelte bei Spittals Bürgermeister, Gerhard Köfer, das Telefon. Eine Mitarbeiterin des Innenministeriums hat ihm in einem 18-minütigen Gespräch unmissverständlich klargemacht, dass in der ehemaligen Gabor-Halle eine Unterkunft für 250 männliche Asylwerber aus Afghanistan und Syrien entstehen soll. "Wir wollen den Standort realisieren", lautete die Botschaft.
Die Stadt Spittal will sich gegen die Unterbringung nun mit allen Mitteln wehren. In einer kurzfristig einberufenen Sitzung haben sich die Spitzen von Team Kärnten, SPÖ, FPÖ, ÖVP und Neos gegen die Unterbringung ausgesprochen. Die Grünen haben daran nicht teilgenommen. Köfer selber hat bereits mit der Eigentümerin der Immobilie, der Haselsteiner-Stiftung von Hans-Peter Haselsteiner, Kontakt aufgenommen. "Er hat mir in Aussicht gestellt, den Ausstieg eines möglichen Vertrages juristisch prüfen zu lassen", so Köfer in einer Eil-Pressekonferenz unter dem Titel "Asylangriff auf Spittal", welche am Dienstag um 10.30 Uhr stattgefunden hat.
In dieser Pressekonferenz zeigte sich Vize-Bürgermeisterin Angelika Hinteregger (SPÖ) darüber enttäuscht, dass es vonseiten der SPÖ-Landesspitze keinerlei Informationen vorab gegeben habe. Auch Stadtrat Lukas Gradnitzer (ÖVP) hat vom ÖVP-geführten Innenministerium (Minister Gerhard Karner) vorab keinerlei Informationen erhalten. Gradnitzer spricht von einer "Friss-oder-stirb-Mentalität". Stadtrat Christoph Staudacher von der FPÖ ist der Meinung: "Wir brauchen in Spittal mit Sicherheit kein zweites Traiskirchen." Für Ludwig Gasser von den Neos sind die Pläne des Innenministeriums "schockierend".
Johannes Tiefenböck (Grüne) kritisierte, dass er keine Einladung erhalten habe. Köfer sagte bei der Pressekonferenz, dass die Grünen der Sitzung unentschuldigt fern geblieben sind. Gegen Abend hat Köfer dann die Screenshots vorgelegt, wonach er Tiefenböck sehr wohl per Whatsapp eingeladen hat. Dieser hat die Nachricht allerdings erst am Nachmittag gelesen.
Tiefenböck ist für die "würdevolle" Aufnahme von Flüchtlingen und sagt dazu, dass es absehbar gewesen sei, dass der Bund reagiert, da die Spittal bis dazu zu wenig im Bereich der Flüchtlingshilfe getan habe.
Asbest-verseuchte Böden?
Dass in der Halle Asylwerber einziehen werden, wusste die Nachbarschaft bereits vor einer Woche, wie ein Teilnehmer der Pressekonferenz mitteilte. Köfer will nun vor allem baurechtlich ansetzen. Das Areal ist derzeit als Gewerbegebiet gewidmet, die Nutzung zu Wohnzwecken ist also gar nicht erlaubt. Zudem gibt es Spekulationen darüber, dass die Böden der Hallen Asbest-verseucht sein könnten. Auch dieses Thema wollen die Spittaler Stadtpolitiker aufgreifen, um die Aufnahme von zusätzlichen Asylwerbern zu verhindern. Bereits im Frühjahr wurde eine Halle für die Unterbringung von ukrainischen Flüchtlingen vorbereitet. Allerdings handelt es sich nun nicht um dieselbe Halle.
Doch mit wie vielen zusätzlichen Asylwerbern könnten die Spittaler Stadtpolitiker leben? "Null", so eindeutige Botschaft bei der Pressekonferenz. Das Sicherheitsbedürfnis der Bewohner sei ernst zu nehmen. Bürgermeister Köfer: "Wenn 250 Asylwerber kommen, werden die Leute die Stadt meiden."
Verärgert über die Informationspolitik des Bundes ist man allerdings nicht nur in der Stadt Spittal, sondern auch in der Kärntner Landesregierung. Andreas Schäfermeier, Sprecher von Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ), sagt: "Das Land Kärnten wurde über die Zuteilung von Flüchtlingen komplett im Dunkeln gelassen und musste aus den Medien davon erfahren." Auf die Frage, ob versichert werden kann, dass die Angelegenheit bei der Konferenz zu Cybersicherheit am Montag in Klagenfurt, an der auch Karner teilgenommen hat, kein Thema gewesen sei, sagt Schäfermeier: "Ja. Es gab im Vorfeld der PK zur Cybersicherheitskonferenz eine Besprechung, da wurde pauschal festgehalten, dass es gemeinsam Bemühungen zur Lösung der Flüchtlingsthematik braucht."
Haselsteiner zieht Angebot zurück
Haselsteiner hat am Abend gegenüber der Kleinen Zeitung bestätigt, dass die Unterbringung vom Tisch ist: "Auf jeden Fall. Wir glauben nicht, dass wir vertraglich gebunden sind. Daher sind wir der Meinung, dass wir keine Erfüllungspflicht haben." Details würden derzeit die Juristen der Haselsteiner-Privatstiftung klären. Eine Unterbringung von Menschen aus der Ukraine ist für den Unternehmer weiterhin vorstellbar, er sagt aber dazu: "Die Ukrainer kriegen wir nicht." Angesprochen auf die Böden in den Hallen sagt Haselsteiner: "Die Böden sind versiegelt und gefahrlos benutzbar." Bei Umbauarbeiten müsste man den Bodenaufbau allerdings entsprechend entsorgen.
"Projekt erfolgreich torpediert"
"Damit ist der Versuch, eine vernünftige Lösung für Asylsuchende zu finden, erfolgreich torpediert worden", sagt Thomas Fussenegger, Sprecher der zuständigen Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen. Das Projekt sei erst in der Sondierungsphase gewesen, so Fussenegger: "Aber jetzt wird es nicht mehr umgesetzt werden können."
Fussenegger widerspricht Haselsteiners Aussage, wonach nicht bekannt gewesen wäre, dass in der Halle Syrer und Afghanen untergebracht werden sollten: "Im Gespräch mit dem Vertreter des möglichen Quartiergebers war immer von Asylwerbern die Rede." Für Ukrainer brauche man keine Halle, die würde relativ leicht in privaten Quartieren unterkommen, so Fussenegger. "Und eines ist auch klar: Wir dürfen gar kein Quartier ohne Zustimmung und vorherige Information des Landes in Betrieb nehmen."
Michael Egger