Glück im Unglück hatte Manfred Wittmann aus Dellach im Drautal: Er wollte Dienstag Früh seine Frau zur Arbeit bringen. "Wir wohnen in Holztratten. Als ich von unserem Haus aus um die Kurve bog, stand ich mit dem Auto schon bis zur Kühlerhaube im Wasser." Geistesgegenwärtig  legte der Drautaler den Retourgang ein und konnte so die überspülte Zufahrtsstraße noch unbeschadet verlassen.

Seit Dienstagnachmittag ist die Zufahrtsstraße nach Amlach bei Spittal wieder frei. Nachdem der Pegel der Drau wieder im Steigen begriffen ist, kann die Freigabe möglicherweise nur kurz sein.

Manfred Wittmann aus Dellach/DRau
Manfred Wittmann aus Dellach/DRau © KK/WITTMANN

Der Bezirkskrisenstab Spittal unter der Einsatzleitung von Bezirkshauptmann Klaus Brandner und Bezirksfeuerwehrkommandant Kurt Schober gab einen ersten Überblick der Schäden, die Starkregen und Sturm im Bezirk angerichtet haben. Das gesamte Schadensausmaß ist noch nicht bekannt. Sobald es die Witterung zulässt, wird ein Polizeihubschrauber die Lage erkunden. „In vielen Bereichen muss der Landesgeologe abschätzen, ob mit dem Aufräumen der Muren schon begonnen werden kann oder ob die Gefahr von Nachrutschungen besteht“, sagte Brandner. In Oberdrauburg sind die Ortschaften Ötting, Flaschberg und Zwickenberg aufgrund von Erdrutschen abgeschnitten. In Irschen sind die Ortschaften Gröfelhof und Pflügen von Vermurungen und Überschwemmungen betroffen. In Dellach/Drau ist der Bahnhofsbereich überschwemmt, die Ortschaften Rasnig und Stein – beide südlich der Drau – sind derzeit nicht erreichbar.

Krisenstab tagte in Spittal
Krisenstab tagte in Spittal © Willi Pleschberger

In Berg im Drautal kämpft man gegen Hochwasser im Bahnhofsbereich, in Tratten, Feistritz und Amlach. Gegen 3.40 Uhr ist ein Damm an der Drau gebrochen. Darüber hinaus wurden laut Bürgermeister Wolfgang Krenn viele Hausdächer von umgestürzten Bäumen getroffen. Emberg ist derzeit nicht erreichbar. Die Techendorfer Straße zwischen Greifenburg und Weißensee ist ebenfalls gesperrt.

Windwürfe und desolates Handynetz

Das Mölltal hatte Dienstagnacht mit einem Föhnsturm zu kämpfen. Er war Auslöser von Vermurungen im Bereich Judenbrücke (Großkirchheim), Apriach, Heiligenblut und Mörtschach. Östlich von Lainach (Rangerdorf) ging eine großflächige Mure nieder. Im gesamten Mölltaler Raum gab es Windwurfschäden und die Kommunikation über Handy ist zusammengebrochen. In Möllbrücke und Sachsenburg traten Drau und Möll aufgrund der früh genug getroffenen Vorkehrungen nicht über die Ufer. „In Möllbrücke vollbrachte man eine Meisterleistung, in dem man ein hunderjährliches Hochwasser abwenden konnte, weil die Dämme dort errichtet wurden, wo sie gebraucht wurden“, sagte Brandner.

In Sachsenburg und Möllbrücke standen bis 1.30 Uhr 60 Soldanten des Jägerbataillons im Hilfseinsatz. Sie bauten laut Bataillonskommandant Rudolf Kury eine Funkverbindung auf, für den Fall, dass das Handynetz zusammenbricht. Die Soldaten werden bei Bedarf auch weiterhin im einsatzbereit sein. Der mobile Hochwasserschutz in Rosenheim (Baldramsdorf) hat sich laut Bürgermeister Heinrich Gerber "ausgezeichnet bewährt". Die Ortschaft Amlach bei Spittal ist ist seit dem Nachmittag bis auf weiteres wieder erreichbar. Die Fahrbahn ist aber noch teilweise überflutet.

Verschont von Starkregen, Hochwasser-Gefahr und Stürmen blieb die Seenregion. Laut Walter Egger von Bezirksfeuerwehrkommando Spittal/Drau gab es in den Gemeinden Seeboden, Millstatt, Radenthein und Bad Kleinkirchheim keine Einsätze und kein Gefährdungspotenzial. Heftiger Wind führte vermutlich dazu, dass am Laufenberg (Radenthein) kurzfristig die Stromversorgung unterbrochen war. Insgesamt zeigen sich alle Vertreter des Krisenstabes erleichtert, dass keine Personen im Zuge der Rettungseinsätze zu Schaden kamen.

Bagger räumen Seitenbäche aus

Laut Herbert Mandler von der Wasserwirtschaft Spittal/Drau sinken die Pegelstände in der Drau und Möll wieder leicht. Mandler: „Ob das Wasser gröbere Schäden an den Flüssen und im Uferbereich angerichtet hat, wird man erst sehen, wenn es wieder sinkt.“ Die Wildbach- und Lawinenverbauung (WLV) hat derzeit zwei Bagger in Lainach vor Ort, um eine massive Mure aufzuräumen. Ein weiterer Bagger ist nach Rangersdorf unterwegs, um einen verklausten Seitenbach zu befreien. Laut Horst Tuppinger vom Straßenbauamt Spittal wird man in den kommenden Tagen gemeinsam mit Feuerwehren und externen Firmen an die Aufräumarbeiten gehen.

Die Wasserrettung stand mit Stefan Pichler und Markus Wohlschlager vom Landesverband ebenfalls im Einsatz. Gegen 3 Uhr früh versuchte man in der Ortschaft Fuschsstall in Lendorf die Bewohner eines überschwemmten Hauses mit dem Boot zu bergen. „Diese wollten ihr Haus allerdings nicht verlassen“, sagt Bürgermeisterin Marika Lagger-Pöllinger. Sie wurden mit einem Notstromaggregat versorgt.

Die Kelag musste fünf von 40 Trafostationen aufgrund des Hochwassers abschalten. Laut Kelag-Pressesprecher Josef Stocker: „Über 200 Monteure von Kelag Netz sind kärntenweit  im Einsatz, um die Schäden, die  durch Hochwasser und Sturm verursacht wurden, wieder in den Griff zu bekommen." Die Marktgemeinde Winklern ist derzeit noch ohne Stromversorgung, das soll sich aber dem nächst ändern. Dann ist die Versorgung im Talboden des Mölltals wieder aufrecht. Bei einzelnen kleinen Weilern am Berg wird es noch etwas dauern", sagt Stocker. Da das Lesachtal derzeit auf dem Landweg nicht erreichbar ist, kann an der Wiederherstellung der Stromversorgung noch nicht gearbeitet werden. "Das Lesachtal ist ebenso wie die Marktgemeinde Oberdrauburg derzeit noch ohne Strom", so Stocker. In Oberdrauburg wurde das Kraftwerk aufgrund von Hochwassergefahr abgeschaltet. Weitere kurze Ausfälle bei der Stromversorgung gab es in Radenthein und im Gegendtal, dieses sind inzwischen wieder behoben.

Derzeit wird laut Rotem Kreuz unter Kommandant Christian Pichler ausgelotet, ob medizinische Versorgungsflüge mit dem Hubschrauber in den abgeschnitten Ortschaften nötig sind.