Dass er heute wieder im Leben steht, ist für Harald Eggeler nicht selbstverständlich. Der aus Obervellach stammende, gelernte KFZ-Mechaniker, erlebte harte Jahre. „Ich war mehr als 15 Jahre in meiner Alkoholsucht gefangen. Irgendwann machte mein Körper nicht mehr mit und ich wäre fast gestorben“, so die Kurzversion seiner Geschichte. Am 24. Oktober feiert er seinen 53. Geburtstag und blickt auf fast acht Jahre ohne Alkohol zurück. Der 26. Dezember 2016 war sein Schicksalstag, sein Leben stand auf Messers Schneide. „Offen gesagt, habe ich keine Erinnerung mehr daran, was damals passiert ist. In den Wochen zuvor habe ich phasenweise nur noch halluziniert. Um die Weihnachtszeit haben sich die Gemeinde Mühldorf und das Dorfservice dafür eingesetzt, dass ich in das Pflegeheim in Mühldorf komme, weil ich komplett am Ende war. Dass ich wenige Tage später in das Krankenhaus Villach geliefert und dort zwei Monate zum Teil intensivmedizinisch behandelt wurde, habe ich nicht mehr mitbekommen“, sagt Eggeler, der zum damaligen Zeitpunkt auf 45 Kilogramm abgemagert war.
„Der Alkoholmissbrauch hat zu Nervenschäden geführt, die Lähmungserscheinungen zur Folge hatten“, sagt der Mölltaler, der wenn nichts anderes verfügbar war auch mit Limonade verdünnten Putzalkohol getrunken hat. Nach zwei Monaten Krankenhaus erfolgte die Rückkehr in das Pflegeheim. „Ich war ein kompletter Pflegefall und konnte mich nicht bewegen. Meine Beine waren monatelang angewinkelt, ich konnte ich sie nicht mehr ausstrecken. Ich wurde über eine Magensonde ernährt, hatte einen künstlichen Harnausgang und benötigte Windeln. Abgesehen davon, dass ich noch immer nicht realisiert habe, was eigentlich passiert ist, habe ich mich gegenüber den Mitarbeitern des Heims sehr aggressiv verhalten.“
„Ich entschied mich fürs Kämpfen“
Die anschließende Reha in der Gailtalklinik in Hermagor entfachte seinen Kampfgeist: „Ich werde schauen müssen, dass ich wieder auf die Beine komme. Dieser Gedanke hat mich angetrieben, und ich habe mich fürs Kämpfen entschieden.“ Während dieser Wochen und im Zuge einer zweiten Reha gelang es ihm, mit hartem Training aus dem Rollstuhl zu kommen und auf den Rollator umzusteigen. „Dass ich heute mit Stöcken wieder drei bis vier Kilometer lange Strecken zurücklegen kann, war auch der Verdienst von Physiotherapeuten im Rahmen von mehr als 300 Einzeltherapiestunden.“
Nach zwei Jahren im Pflegeheim, schaffte er den nächsten Meilenstein. 2018 zog er in das Wohn- und Betreuungsheim Danhofer in Lieserbrücke um, wo er vor Kurzem, zwar mit großem Kraftaufwand, sogar den Rasen gemäht hat. „Heute kann ich sagen, dass ich abgesehen von meiner Gehbehinderung, ein normales Leben führen kann und jeden Tag genieße“, sagt Eggeler, der sich bei Petra und Ernst Danhofer für die Unterstützung in den vergangenen Jahren bedanken möchte, ebenso wie bei Physiotherapeutin Nicole Kari vom Therapiezentrum Spittal.
Scheidung, Beziehungsprobleme, Jobverlust
Doch wie war er in die Sucht geschlittert? „Ursachen gab es mehrere. Scheidung, Probleme in späteren Beziehungen, Jobverlust, Schulden. Es begann als ich ungefähr 30 Jahre alt war. Ich arbeitete sieben Jahre lang bei einer Getränkefirma, ein Feierabendbier war normal. Auch während des Umbaus meines Hauses habe ich regelmäßig getrunken. Probleme versuchte ich mit dem Besuch im Gasthaus zu lösen. Irgendwann drehten sich die Gedanken nur noch darum, wie ich zu Alkohol kommen kann. Als ich den Job verloren habe, verschlimmerte sich alles. Im Nachhinein betrachtet, dürfte ich damals auch depressiv gewesen sein. Zwischendurch war mir zwar klar, dass das alles nicht gescheit ist, was ich tue, aber sobald ich meinen Alkoholpegel erreicht habe, waren die Gedanken, dass ich etwas ändern muss, wie ausgelöscht. Der Alkohol hätte fast mein Leben zerstört“, sagt der Vater von drei Kindern aus zwei Beziehungen.
„Sucht Hilfe!“
Er geniert sich nicht, seine Geschichte öffentlich zu machen: „Meine Botschaft ist, dass Menschen, die Anzeichen von Alkoholsucht bei sich erkennen, Hilfe suchen sollen. Es gibt mehrere Einrichtungen, man kann nur gewinnen.“ Was seine Zukunft betrifft, hofft er, dass es gesundheitlich so bleibt, wie es ist, und dass er wieder eine Beziehung führen kann. „Noch bin ich nicht stabil genug, um in einer eigenen Wohnung zu leben. Im Heim habe ich meine Abläufe, soziale Kontakte und erhalte Unterstützung. Es tut mir gut, außerhalb des Heims unter die Leute zu gehen und wenn ich einmal einen schlechten Tag habe, hilft mir ein Spaziergang im Wald. Gedanken an Alkohol sind völlig aus meinem Kopf verschwunden, davon bin ich jetzt geheilt.“