„Wenn auch viele Verantwortliche die Auflösung des Vereines nicht wahrhaben wollen, es ist nun so weit“, berichtet Manfred Gosch, Ehrenobmann des Männergesangsvereins (MGV). Gosch war seit 58 Jahren nicht nur Sänger, sondern auch Manager des Vereins. Unter anderem hatte der 79-Jährige die Funktionen Obmann, Schriftführer und Chronist über.
Bei der kürzlich abgehaltenen 172. Jahreshauptversammlung im Stadtbistro Pirker in Wolfsberg trafen sich die Sangesbrüder zum letzten Mal in der Koralmtracht. Über den Weiterbestand oder die Auflösung wurde schriftlich abgestimmt. Das Ergebnis: Von zehn Stimmen waren zwei für den Weiterbestand. Somit wurde die freiwillige Auflösung des MGV Wolfsberg beschlossen und im nächsten Schritt der Vereinsbehörde schriftlich mitgeteilt. Durch diese Entscheidung wurde dem ältesten Kulturträger des Lavanttales sowie dem zweitältesten Chor Kärntens nach einer 172-jährigen Geschichte ein Ende gesetzt.
Was die Gründe für die Auflösung waren? Bereits seit Längerem wurde händeringend um neue Mitglieder geworben – allerdings vergebens. Seit 15 Jahren gab es nur einen Zugang. Für viele Lavanttaler sei es aufgrund der Arbeitsbelastung auch schwieriger geworden, Teil eines Gesangvereins zu sein. „Zudem wohnen in der Stadt Wolfsberg nur wenige Männer mit Sängerlust. Sie leben eher an der Peripherie wie in Priel, Reding, Auen, Neudau, St. Johann und tendieren eher zu den Vereinen, wo sie wohnen“, meint Gosch und weiter: „Manche Männer, so behaupten viele, können nicht singen. Ich glaube aber, dass sie nicht singen wollen. Es gibt keine Bereitschaft für Gemeinschaft und sie wollen keine Funktion ausüben.“ Auch die Anzahl der Sänger bei den einzelnen Stimmlagen oder Krankenstände erschwerten die Auftritte. So gab es nur einen zweiten Bass und nur einen ersten Bass. Fehlte einer davon, war der Chor nicht mehr singfähig. Auch der Altersdurchschnitt der Mitglieder war hoch. Vier Sänger waren über 60 Jahre, weitere drei Sänger über 70 Jahre und drei Sänger über 80 Jahre alt.
Stunden voller Gesang und Freude
Die Tätigkeiten des Vereins waren vielseitig. „Jedes Jahr mindestens ein Konzert, 40 Proben, ein Fest und viele andere Veranstaltungen. Zusammengerechnet hatten die Sänger in 170 Jahren rund 350.000 Einsätze“, hält der frühere Berufsschullehrer fest. Die Freundschaft mit den Sängern werde weitergepflegt und bleibe auch in Zukunft immer aufrecht. Gosch: „Es war schon eine schöne Zeit.“
Der Mietvertrag des Probelokals am Hohen Platz wurde bereits aufgelöst. Das Hab und Gut, wie Vereinstafeln, MGV-Abzeichen, Noten, Fahnen und Fahnenbänder sowie Chronikbände mit Festschriften und mehr, wurde zum Teil im Landesmuseum in Klagenfurt übernommen. Ein Teil der Noten befindet sich auch im Volksliedwerk in Klagenfurt. Einige Exemplare erhielten auch die Chöre des Tales. Einiges wurde auch gemeinnützigen Institutionen geschenkt. Das älteste Fahnenband aus dem Jahr 1886 befindet sich im Schloss Wolfsberg.