Von den über 100.000 Einwohnern Klagenfurts haben knapp 20 Prozent einen Migrationshintergrund. Es brauchte eine Anlaufstelle für diese Gruppe. Diese Funktion übernimmt seit 1. Februar 2022 Sinan Tepe als Integrationsbeauftragter der Stadt. Tepe wurde projektbezogen aufgenommen, eine öffentliche Ausschreibung und Objektivierung gab es nicht. Am 31. Juli endet Tepes Dienstvertrag. Für eine weitere befristete Verlängerung müssten besondere wirtschaftliche oder soziale Gründe vorliegen, ansonsten läuft die Stadt Gefahr, dass Tepes Dienstvertrag als sittenwidriger Kettenvertrag eingestuft wird.
Der einfachste Weg, um Tepe weiterhin im Rathaus zu halten, wäre die Schaffung einer Planstelle. Personalreferent Bürgermeister Christian Scheider (TK) hat den entsprechenden Antrag bisher nicht eingebracht – und wird es in absehbarer Zeit auch nicht tun. Laut seinem Büroleiter Patrick Jonke muss die Arbeit des Integrationsbeauftragten nach Projektschluss evaluiert werden, erst dann könne man sagen, ob es die Stelle wirklich brauche. Ein Gespräch mit allen im Gemeinderat vertretenen Fraktionen soll zudem klären, ob eine dauerhafte Implementierung politisch gewollt ist. "Wenn die Planstelle tatsächlich kommt, wird sie öffentlich ausgeschrieben", sagt Jonke.
Keine Mehrheit für Verlängerung
Suvad Emrić, Obmann des Islamischen Kulturzentrums Klagenfurt, ist besorgt. "Sinan Tepe ist unsere einzige Brücke ins Rathaus. Ansonsten will sich dort keiner mit dem Islam öffentlich auseinandersetzen. Die Politiker kommen nur, wenn eine Wahl ansteht", sagt Emrić.
Vizebürgermeister Philipp Liesnig (SPÖ) ist "mehr als erbost" über das Aus für den Integrationsbeauftragten: "Der zuständige Abteilungsleiter hat eine dauerhafte Implementierung empfohlen. Aber der Bürgermeister weigert sich, seine Arbeit zu machen." Ein Antrag der SPÖ, das Projekt fortzuführen, bis eine öffentliche Ausschreibung erfolgt ist, wurde am Dienstag, 4. Juli, im Stadtsenat von den "Rechtsparteien" (O-Ton Liesnig) TK, ÖVP und FPÖ abgelehnt.
Gegenüber der Kleinen Zeitung betonen FPÖ-Stadträtin Sandra Wassermann und ÖVP-Stadtrat Max Habenicht die Wichtigkeit des Integrationsbeauftragten. Allerdings sollte dieser Integrationsbeauftragte aus einer öffentlichen Ausschreibung hervorgehen.
Politische Hintergründe
Denn Tepe ist SPÖ-Mitglied, Liesnig der zuständige Integrationsreferent. Die Frage, ob der Integrationsbeauftragte das erste "Opfer" der zerbrochenen Arbeitsgemeinschaft zwischen SPÖ, TK und ÖVP ist, wird von Jonke dementiert. Der Verweis auf Patrick Gussnig legt aber zumindest eine "Retourkutsche" nahe: Der Halbbruder von TK-Gemeinderat Michael Gussnig war Wohnungsombudsmann der Stadt, ein Antrag auf Verlängerung seines ebenfalls befristeten Vertrags wurde von der SPÖ vor wenigen Monaten abgelehnt.
Tepe kann auf eine Reihe erfolgreich umgesetzter Projekte – etwa den Telefondolmetscher (40 ehrenamtliche Telefondolmetscher in sechs Sprachen stehen den Pflichtschulen für wichtige Gespräche mit den Eltern und Kindern zur Verfügung) – zurückblicken. Er möchte sich nicht näher zu der aktuellen Debatte äußern. Seine Vertragsverlängerung sei eine politische Entscheidung. "Ich werde bis zum 31. Juli normal meiner Arbeit nachgehen."
Mittlerweile äußerte sich Bürgermeister Scheider selbst zum Thema. Er wird die erforderliche Planstelle beschließen lassen. "Erst dann wird diese Funktion öffentlich ausgeschrieben", sagt Scheider. Die Grünen äußerten Kritik am (vorläufigen) Ende der Stelle. Es liege in der Verantwortung der Stadtpolitik, "Integration voranzutreiben, zu leben, und Politik für alle zu machen."