"Ich war hilflos." Das dachte sich Walter Mulle, als er eines Abends zufällig zu einem Verkehrsunfall in der Klagenfurter Villacher Straße stieß. Damals fuhr er noch "hobbymäßig Taxi", wie er erzählt. Mit diesem Erlebnis änderte sich das.
Jener Unfall veranlasste ihn dazu, sich dem Roten Kreuz anzuschließen. 1986 trat er bei, 1989 flog er bereits im Helikopter mit. Als Flugrettungssanitäter half er schon nach wenigen Jahren Personen, die sich in brenzligen Situationen befanden. Zu jener Zeit war der Moosburger noch beim Finanzamt angestellt. Ab 1994 war er hauptberuflich als Sanitäter in Klagenfurt unterwegs. Nicht nur Rettungswägen, auch das Notarzteinsatzfahrzeug durfte Mulle bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2020 bedienen. Ehrenamtlich absolviert er jeden Freitag eine Nachtschicht im Klagenfurter Rettungsdienst.
Gründungsmitglied des RK1
Erlebt hat Mulle ohnehin schon fast alles. 1991 war der Rettungsrat im Irakkrieg in Bagdad, um bei der Wasseraufbereitung zu helfen. Mehrere Wochen stand er auch in Indonesien oder im Kosovo für das Rote Kreuz im Einsatz. Im Jahr 2000 half er federführend mit, das Team rund um den Hubschrauber RK1 aufzubauen. Seine jahrzehntelange Expertise wissen Sanitäter und Notärzte damals wie heute zu schätzen.
Wie gefährlich oft Einsätze für Rettungskräfte sein können, beweist sein prägendster Moment. Im Februar 2000 wurde ein Radfahrer von einem Zug in Klagenfurt erfasst. Mulle war damals sofort an Ort und Stelle und begann mit der Versorgung auf den Gleisen. "Die Polizei sagte, die Strecke sei gesperrt", erinnert sich der First-Responder zurück. Dem war nicht so. Während Mulle und seine Kollegen sich auf den Gleisen befanden, näherte sich ein Zug. Im letzten Moment konnten sich alle retten. "Eine Kollegin kämpft heute noch mit der Situation", sagt Mulle.
Sein Ausgleich
Er selbst geht mit schwierigen Erlebnissen immer gleich um. "Man hat die meisten Sachen schon irgendwie einmal gesehen." Der Austausch mit Kollegen ist dennoch unerlässlich. Am wichtigsten sind Erholungsphasen. Diese holt er sich mit seiner Frau am Motorrad oder mit Hund Enzzo. "Ich gehe am liebsten mit ihm spazieren. Er ist mein Ausgleich", schwärmt Mulle von seinem Schäferhund.
Heute absolviert er noch regelmäßige Ambulanzdienste, hilft bei den United World Games aus oder dient als Einsatzleiter bei Veranstaltungen. Das Rot-Kreuz-Urgestein ist seit über 50 Jahren auch schon Teil der Freiwilligen Feuerwehr Seigbichl. Einen Schlussstrich unter seine ehrenamtlichen Tätigkeiten setzt er spätestens mit seinem 70. Geburtstag: "Dann muss auch einmal Schluss sein."