Luft nach oben
Als im Herbst mit Philipp Liesnig (SPÖ) ein Sparringspartner das Rathaus betrat, wurde es für Bürgermeister Christian Scheider (TK) unbequem. Die geerbten Hallenbadpläne platzten. Weil das alte Bad in der Gasometergasse nicht mehr öffnen durfte, musste eine Entscheidung her. Diese kam, zwar viel zu spät, aber: Ein neues Bad kommt (wahrscheinlich). Bei der Lohndebatte für Magistratsmitarbeiter machte Scheider aufgrund der zähen Prozedur keine gute Figur, konnte sich am Ende dennoch durchsetzen. Konflikte mit der SPÖ, Debatten in den eigenen Reihen sowie Vorgehensweisen, die die Gemeindeaufsicht auf den Plan riefen (Stichwort Freizeitpaket), rückten Klagenfurt in kein gutes Licht. Die populistischen Äußerungen nach der Messerattacke vor den City-Arkaden im Jänner waren entbehrlich. Äußerst positiv anzumerken: die rasche Ukraine-Hilfe. Negativ: auffällige Entscheidungsschwäche.
Fazit: Mit der SPÖ hat Scheider einen unangenehmen Partner an seiner Seite. Trotzdem ist der Bürgermeister gefordert, bei gewissen Themen schneller Stellung zu beziehen und eindeutige und klare Entscheidungen zu treffen.
Note: Befriedigend
Gute erste Akzente gesetzt
Vizebürgermeister Philipp Liesnig (SPÖ) hat die Referate Finanzen, Beteiligungen, Bildung und Integration über. Ersteres verlangt dem gelernten Juristen einiges ab. Der allgemeine Haushalt der Landeshauptstadt weist ein Minus von 16,2 Millionen Euro auf. Seit seinem Amtsantritt vor acht Monaten befindet sich Liesnig daher öffentlichkeitswirksam auf der Suche nach Einsparungspotenzialen. Die Auflösung der "Klagenfurt Immobilien KG" wurde bereits in Angriff genommen, die Gründung einer Klagenfurt-Holding zur Bündelung von Beteiligungen ist geplant. Auch im ganzen Magistratsapparat ortet Liesnig Optimierungsbedarf. In seiner Funktion als Bildungsreferent ist die in die Wege geleitete Erweiterung des Lakeside Parks hervorzuheben. Weniger gut war Liesnigs Performance bei der Lohndebatte. Aus der angekündigten Nulllohnrunde für die Magistratsmitarbeiter wurde der "teuerste Gehaltsabschluss" aller Zeiten mit Freizeitpaket und Lohnerhöhung. Umstritten ist auch die Erhöhung der Parkgebühren, entbehrlich die Hahnenkämpfe mit dem Team Kärnten.
Fazit: Liesnig erweckt den Eindruck, hart an der finanziellen Restauration der Stadt zu arbeiten und hat auch schon erste Akzente gesetzt. Ob seine Bemühungen Früchte tragen, wird sich aber erst weisen. Die ebenfalls wichtigen Referate Bildung und Integration drohen ins Hintertreffen zu geraten.
Note: Gut.
Mehr Präsenz gefragt
Bei seinem Amtsantritt kündigte Vizebürgermeister Alois Dolinar (Team Kärnten) die Errichtung von 1300 gemeinnützigen Wohnungen an. 500 davon sollten durch Reconstructing-Projekte entstehen. Diese lassen aber auf sich warten: Der erste Reconstructing-Neubau soll erst im Herbst in Angriff genommen werden. 70 Wohnungen wurden im letzten Jahr generalsaniert. Im Gemeinderat verhält sich Dolinar zurückhaltend. Mit eigenen Projekten scheint er nur selten auf der Tagesordnung auf. Bei Anfragen anderer Fraktionen lässt er sich leicht aus der Fassung bringen.
Im Bereich Klimaschutz konnte Dolinar zuletzt Erfolge bei gewonnenen Klimaschutz-Förderprojekten einheimsen, etwa bei der EU-Cities-Mission „100 klimafreundliche Städte“. Zu Dolinars Aufgaben gehören auch europäische Angelegenheiten. Hier fällt Dolinar durch sein Bemühen um das Zustandekommen neuer Partnerschaften im Alpe-Adria-Raum auf. Welchen Nutzen die Bevölkerung davon hat, muss sich aber erst weisen.
Fazit: Dolinar erfüllt die wichtigsten Anforderungen in seinen Referaten, könnte sich politisch aber noch stärker einbringen, vor allem im Wohnbaureferat.
Note: Befriedigend.
Ein Fels in der Brandung?
Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte: Gemäß diesem Motto hält sich Max Habenicht (ÖVP) meist geschickt aus dem Hahnenkampf seiner Koalitionspartner heraus. Der Stadtrat muss aber aufpassen, dass er mit dieser Strategie nicht selbst ins Hintertreffen gerät. Kaufleute haben vom ehemaligen Wirtschaftskammer-Bezirksobmann mehr spürbare Maßnahmen zur Belebung der Innenstadt erwartet als wie etwa die Begegnungszone in der Bahnhofstraße. Selbiges trifft auch auf die Wirtschaftsagentur zu, die im Februar gegründet wurde, um Betriebe anzulocken. Seither hat man vom Projekt nichts mehr gehört. Positiv fiel Habenicht im Zusammenhang mit der Erweiterung des Lakeside Parks auf.
Fazit: Habenicht kommt seiner Verantwortung bei seinen Projekten nach. Er muss aber vermehrt eigene Ideen einbringen und sein Profil schärfen, um im Dauerzwist zwischen SPÖ und Team Kärnten nicht unterzugehen. Er sollte den Zwischenstand seiner Projekte öffentlichkeitswirksamer kommunizieren.
Note: Befriedigend
Gute Performance mit Macken
Stadträtin Sandra Wassermann (FPÖ) hat die Referate Straßenbau, Verkehr, Friedhöfe und ÖPNV über. Die Liste der Großprojekte, die seit ihrem Amtsantritt zur Umsetzung gelangte, kann sich sehen lassen: die Bahnunterführung in Waidmannsdorf, eine Sanierungsoffensive am Klagenfurter Kanalsystem oder der Ausbau des ÖPNV. Mit ihrem dezidierten Nein zur Erhöhung der Parkgebühren, der Schließung der Stadttankstelle oder dem Luxus WC hatte sie ihr Ohr bei den Bürgern. Peinlich war dagegen ihre Kritik am Regenbogen-Zebrastreifen, fast makaber sind die Fotos, die eine grinsende Wassermann auf den städtischen Friedhöfen zeigen. Gegenüber den E-Scooter-Betreibern muss sie dringend eine schärfere Gangart aufziehen.
Fazit: An Arbeitseifer mangelt es Wassermann nicht. Abweichungen von der Parteilinie wären in manchen Fällen aber ratsam (Stichwort Regenbogen-Zebrastreifen). Bei der Öffentlichkeitsarbeit schießt sie gelegentlich über das Ziel hinaus.
Note: Gut
Im Schatten
Als Überbleibsel der Mathiaschitz-Regierung wurden Stadtrat Franz Petritz (SPÖ) die Bereiche Gesundheit, Sport und Kultur anvertraut. Nachdem Petritz im Herbst den Bildungsbereich an Philipp Liesnig (SPÖ) übergab, wurde es ruhig um ihn. Der Neubau des Hallenbads war Chefsache, die städtischen Covid-Maßnahmen wurden hauptsächlich aus den Büros des Bürgermeisters und den Vizes kommuniziert. Immerhin setzt sich Petritz für die Förderung von Sport- und Kulturvereinen ein. Bei großen Themen darf er aber nur in Liesnigs Schatten Platz nehmen. Auf lange Sicht werden Teilnahmen an Kunstausstellungen oder Sportevents alleine nicht ausreichen, um politisch zu überleben.
Fazit: Medial hält sich Petritz mit seinen Projekten zurück. Hinter großen Themen steht zumeist der SPÖ-Vizebürgermeister. Ob sich das auf in Zukunft ändern wird, ist fraglich.
Note: Genügend
Die großen Würfe fehlen
Stadtentwicklung, Verkehrsplanung, Frauen und Jugend. Zukunftsweisende Agenden, für die Stadträtin Corinna Smrecnik (SPÖ) verantwortlich ist. Der große Wurf gelang der 37-Jährigen bis dato aber nicht. Themen wie die Umgestaltung des Pfarrplatz oder Heiligengeistplatz werden seit Jahren besprochen und warten auf die Umsetzung. Smrecniks Herzstück, das neue Stadtentwicklungskonzept, soll erst 2024 stehen. Mit dem autofreien "Lebensraum Bahnhofstraße" setzte man ein richtiges Zeichen; die Ausführung ist aber ausbaufähig. Bei LGBTQI-Themen werden vorsichtig Schritte in die richtige Richtung gemacht. Mehr Engagement wäre im Jugendbereich notwendig. Stichwort Jugendbeirat und Maßnahmen für Studierende.
Fazit: Viele wichtige Themen liegen am Tisch der Stadträtin. Jetzt gilt es, sie auch in Angriff zu nehmen. Ausbaufähig ist nicht nur die Zusammenarbeit mit Stadträtin Wassermann (FPÖ), sondern auch die Jugendarbeit.
Note: Befriedigend