Bei jedem Schritt gibt die weiche Wiese etwas nach. Das Einsinken ist nicht dramatisch, aber spürbar. Für Claudia und Herbert Anderwald ist ihr sumpfartiger Garten Normalität. Seit über elf Jahren leben sie gemeinsam am Erlenweg, einer abgeschiedenen Gasse in der Gemeinde Maria Wörth. Genauso lange kämpft das Ehepaar mit einem überschwemmten Grundstück und daraus resultierenden Löchern im Boden. Die Anderwalds versinken in ihrem eigenen Garten.
Das Problem ist bekannt. Behörden und Medien begleiten die Familie seit Jahren in der Thematik. „Wir haben Angst um unser Haus und um unser Leben“, sagte Claudia Anderwald vor drei Jahren zur Kleinen Zeitung. Heute sind weder Angst noch Problem kleiner geworden. „Was sich verändert hat? Nichts“, lautet ihre Kurzzusammenfassung. Sie steht vor ihrem Haus, gemeinsam mit ihrem Mann und mit Klaus Bidovec. Der Leiter der Wasserrechtsabteilung in der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt-Land (BH) verschafft sich mit einer Mitarbeiterin vor Ort ein Bild über die Lage. Dieser Ortsaugenschein im Oktober 2024 ist nicht sein erster am Erlenweg.
Wasser kommt von der Nachbarssiedlung
Schon im Jahr 2016 hielt er Ausschau nach einer möglichen Ursache. Fündig wurde man wenige Hundert Meter weiter östlich des Grundstücks. Die am Nachbarshügel gelegene Rauth-Siedlung in der Gemeinde Keutschach soll ihr Oberflächenwasser den Hügel hinab genau auf das Grundstück der Anderwalds ableiten.
Im Herbst 2016 empfahl die BH der Gemeinde die Überprüfung der Ableitung. Bei einem weiteren Ortsaugenschein im Jahr 2017 fand man Rohrausleitungen im Bereich des Weges zur Rauth. Die Entsorgung der Oberflächenwasser erfolgt nicht ordnungsgemäß, Keutschach muss die Ausleitung entfernen und das Oberflächenwasser auf Eigengrund versickern, übermittelte die BH der Gemeinde im Jahr 2021. Viele Stellungnahmen blieben von Keutschachs Bürgermeister Gerhard Oleschko (TK) aber un- oder nachweislich falsch beantwortet. Daher platzte 2022 Bidovec der Kragen: Er drohte dem Bürgermeister mit einer Anzeige.
Wendung im Fall Anderwald
Dazu gekommen ist es nicht. Im Gegenteil, der Fall nahm sogar eine Wendung: Die Wasserrechtsabteilung stellte mittlerweile fest, dass die Rohre eine zusätzliche Rolle spielen könnten, jedoch nicht der Hauptgrund für das überflutete Grundstück sind. „Aus fachlicher Sicht sind die Lage am Hangfuß, der Untergrund und der hohe Grundwasserstand der Grund dafür. Die Rohre sind vernachlässigbar“, erklärt Bidovec mit einer Gutachterin beim Ortsaugenschein. Das Anderwald-Grundstück befindet sich im Hauptkorridor gebündelter Oberflächenabflüsse, eine Widmung würden die Anderwalds heutzutage nicht mehr bekommen.
Claudia und Herbert Anderwald lassen die Erkenntnis nicht gelten. Nach einer kurzen Autofahrt steht das Paar vor besagten Rohrausleitungen. Frau Anderwald beugt sich von der Straße in den Wald und befreit ein Rohr vom Laub, das man damit offensichtlich zu stopfen versuchte. „Hier rinnt es“, ruft sie, übertönt vom Wasserplätschern. Dass dieses und zwei weitere Rohre für den Albtraum der Anderwald-Familie verantwortlich sind, glauben die Experten nicht: „Dieses Wasser versickert im Boden und kommt nie bei Ihnen an.“
Drainage hilft nur bedingt
Bidovec empfiehlt den Anderwalds, im Nordosten ihres Grundstücks eine Drainage zu verlegen. „Das haben wir schon gemacht, das hat uns ein Vermögen gekostet“, sagt Herbert Anderwald. Dafür kaufte er sich einen Bagger, krempelte vor wenigen Jahren das halbe Grundstück um. Bei starken Regenfällen kommt die Konstruktion aber an ihr Limit. „Wir haben hier unterirdische Bäche“, sagt er. 400 Tonnen Material schüttete er bereits an, nächstes Jahr müsse er aufgrund neuer Löcher wieder nacharbeiten.
Zusätzliche Maßnahmen, die die Familie treffen kann, gibt es offenbar nicht. Bidovec verspricht, aufgrund der Rohrausleitung mit Keutschach erneut Kontakt aufzunehmen. Der Kampf der Familie wirkt aussichtslos, ans Aufgeben denkt das Paar aber nicht: „Wir lassen uns nicht verjagen.“