Wenn Protokolle von Chatverläufen, die nicht an die Öffentlichkeit gelangen sollten, publik werden, dann birgt das meist Sprengkraft. Die Klagenfurter SPÖ hat jetzt ein Chat-Problem, betroffen sind hochrangige Partei-Vertreter, die sich im scheinbar „abgeschlossenen“ Raum über Partei-Ausrichtung und Mitbewerber ausgetauscht haben. Betreffende Chatverläufe liegen der Kleinen Zeitung vor und werden mit Originaltext wiedergegeben.

„Schlecht für die Stadt, gut für die Partei“

Der Chat „SPÖ-Steuerungsgruppe_Klu“ hat rund 20 Mitglieder, unter ihnen Vizebürgermeister Philipp Liesnig, Stadträtin Constance Mochar, Klubobmann und Stadtrat Franz Petritz, Bezirksgeschäftsführer Jakob Grollitsch oder Gemeinderat Christian Glück, geschäftsführender Klubobmann. Den Klagenfurter Sozialdemokraten, sie stellen die größte Fraktion im Gemeinderat, wurde in den vergangenen Wochen und Monaten von politischen Mitbewerbern immer wieder Blockadepolitik vorgeworfen, dagegen hat sich die SPÖ stets gewehrt. Zur Ausrichtung der Parteilinie schrieb Christian Glück unlängst im Chat: „Schlecht für die Stadt, gut für die Partei = Gut“. „Wir sind Opposition...“, fügt Glück an. Anmerkung: Das Team Kärnten, die ÖVP und die FPÖ haben sich kürzlich zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen, diese drei Parteien verfügen über die Mehrheit im Gemeinderat.

Eine Nachricht von Bezirksgeschäftsführer Grollitsch bezieht sich auf den Klagenfurter Stadtchef Christian Scheider (Team Kärnten). „He came in like a wrecking ball! Bitte nicht verwenden!!!!!!!!! - wir spielen einstweilen nur mit ein paar Ideen hier:).“ Mit diesem Text schickte er eine Fotomontage, die Scheider – nur mit Unterhose und Schuhen bekleidet – auf einer Abrissbirne sitzend vor dem Klagenfurter Rathaus zeigt. Angelehnt an den Song „Wrecking Ball“ (Abrissbirne) von Miley Cyrus.

Magistratsdirektor im Visier

Vizebürgermeister und Finanzreferent Liesnig schießt sich im Chat auf den derzeit amtierenden Magistratsdirektor Stéphane Binder ein, der kürzlich – und nicht unumstritten – auch zum Präsidiums-Chef und somit zum Nachfolger von Arnulf Rainer bestellt wurde: „Binder ist ahnungslos, inkompetent und macht alles fürn scheider.“ An anderer Stelle schreibt Liesnig über den Magistratsdirektor: „Zu was die Gier Menschen verleitet.“ Darauf antwortet eine Person aus dem Umfeld des SPÖ-Klubs (Name der Redaktion bekannt, Anmerkung): „Widerlich, von beiden. Scheider belohnt seine Erfüllungsgehilfen für ihre Drecksarbeit und die halten die Hand auf.“ Der Magistratsdirektor ist wohlgemerkt ihr Vorgesetzter.

Auch Dumpelnik dabei

Die Klagenfurter SPÖ ist Anfang Mai mit den gescheiterten Versuchen, Jürgen Dumpelnik zum neuen Klagenfurter Magistratsdirektor zu bestellen, in die Schlagzeilen geraten. Dumpelnik stolperte über Aussagen in einem Interview der Kleinen Zeitung, wonach er den Inhalt jenes SPÖ-Antrags, mit dem er als Magistratsdirektor angestellt hätte werden sollen (inklusive einer stattlichen Zulage), angeblich nicht kannte. Jürgen Dumpelnik ist beziehungsweise war auch Teil des Chats „SPÖ-Steuerungsgruppe_Klu“.

Vizebürgermeister Philipp Liesnig war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Erste Reaktionen

„Wenn es noch eines Beweises bedurfte, dass der politische Stil der Liesnig-SPÖ nur noch aus Boykott, Zerstörung und Menschenhatz besteht, dann machen dies die am Montag von der Kleinen Zeitung veröffentlichten Chat-Verläufe einer hochkarätigen Klagenfurter Steuerungsgruppe auf schockierende Weise deutlich“, erklärt Team Kärnten-Klubobmann Patrick Jonke in einer ersten Reaktion. Die Landespartei könne jetzt nicht mehr zur Tagesordnung übergehen, so Jonke.

Auch von Seiten der Grünen gibt es Kritik: „Wenn es ausschließlich um Machtspiele geht und die Zukunft der Stadt dafür aufs Spiel gesetzt wird, ist das mehr als besorgniserregend“, sagt Parteiobfrau Margit Motschiunig. Es sei ein Tabubruch, „den Bürgermeister auf diese Art und Weise darzustellen.“ Mit Hinblick auf die Neubesetzung des Magistratsdirektor-Postens merkt Motschiunig an: „Dass Dumpelnik Mitglied der Gruppe ist, zeigt ganz klar, dass er nie ein unabhängiger Kandidat war. Vizebürgermeister Liesnig hat endlich Konsequenzen aus den unverschämten Versuchen des Postenschachers zu ziehen.“

„SPÖ hat Maske fallen lassen“

„Die aktuellen Entwicklungen in der Klagenfurter SPÖ sind schwer in Worte zu fassen. Bei diesen Enthüllungen aus Chatprotokollen verschlägt es einem die Sprache. In der Klagenfurter Volkspartei wären die zu treffenden Entscheidungen klar und deutlich. Gespannt bin ich, welchen Weg nun Stadtparteivorsitzender Klubobmann Philip Kucher und die Kärntner Sozialdemokraten wählen werden“, sagt ÖVP-Clubobmann Julian Geier. „Die SPÖ hat in ihren Chats ihre Maske fallen gelassen und gezeigt, wie es um die Moral in der Stadtpartei bestellt ist. Statt zum Wohle der Stadt zu arbeiten, geht es augenscheinlich ausschließlich um Parteiinteressen, wie mehrmals unter Beweis gestellt wurde. Da stellt man sich schon die Frage, ob eine solche Fraktion wichtige Referate wie Stadtplanung oder Finanzen und Beteiligungen verantworten kann und soll. Denn es geht nicht um die Stadt und ihre Bürger, sondern nur um die Partei“, sagt ÖVP-Clubobmann Julian Geier.