Nach der Operation, die sechs Stunden dauerte, haben sechs Kilo gefehlt. Und fast jegliche Kraft im Körper. Im Kopf. Und vor allem in der Seele. Dann die Chemotherapien, fünf an der Zahl. Eine mehr wäre vorgesehen gewesen, doch da spielten Körper und Geist nicht mehr mit. Müdigkeit, Übelkeit, Erbrechen. „Ich gebe zu, ich war so am Ende, ich wollte nicht mehr.“
Eierstockkrebs und Bauchfellkrebs, so lautete zuvor der Befund der Ärzte. Und Caroline Fiebinger war im ersten Moment „froh“ über die Diagnose. Froh darüber, dass es endlich eine gab. Denn bis zu diesem Tag 2023 hatte die heute 25-jährige Klagenfurterin bereits ein vier Jahre dauerndes Martyrium hinter sich. „Ich hatte ständig Schmerzen, wusste nicht, woher sie kamen.“ Das konnten ihr auch verschiedenste Ärzte nach etlichen Untersuchungen nicht sagen. Regelschmerzen, das war eine oft geäußerte Vermutung. „Ich konnte nicht mehr schlafen, nicht einmal mehr liegen. Deshalb war die Diagnose, so befremdlich das klingt, im ersten Moment eine Erleichterung für mich.“ Eierstöcke, Eileiter, Gebärmutter, Gebärmutterhals, Blinddarm und das Bauchfell wurden bei der Operation entfernt, eineinhalb Monate verbrachte Fiebinger im Krankenhaus.
Zu den körperlichen Schmerzen kam die belastende Gewissheit, nie eigene Kinder haben zu können. „Als Teenager konnte ich mir nicht vorstellen, einmal Kinder zu haben. Jetzt, nach der Operation, ist der Wunsch danach allerdings sehr groß“, sagt Fiebinger, die noch „nicht bereit“ ist, über eine eventuelle Adoption nachzudenken.
Acht strahlende Augen für sie
Begegnet man Fiebinger heute, blicken einem strahlende Augen entgegen. Der Grund sind acht ebenso strahlende Augen, die auf sie gerichtet sind. Während der dritten Chemotherapie, erzählt die gebürtige Gmündnerin, gab es einen unerwarteten Lichtblick in der dunklen Zeit. Ihr Mann Felix (34), der als Schwimmlehrer ein eigenes Unternehmen in Klagenfurt betreibt, setzte ihr Calina auf den Schoß. Die aufgeweckte junge Dame, die kürzlich ein Jahr alt wurde, ist ein kroatischer Schäfer-Mischling. Sie gesellte sich zum Zwergspitz-Duo Kaydee und Bentley, das heuer elf Jahre alt wird, „die zwei sind quasi schon in Pension“, schmunzelt Fiebinger.
Welpe Calina brauchte Fürsorge, Caroline Fiebinger Ablenkung, Antrieb. „Ich musste damals einfach mit ihr spielen, kuscheln, sie ließ mir ja keine Wahl“, lacht Fiebinger, die als Programmiererin in der Landeshauptstadt arbeitet. Tierfotografie ist seit langem ein Hobby der 25-Jährigen. Mit der Ankunft von Calina intensivierte sich das Interesse. „Mittlerweile habe ich ein mobiles Studio, mit dem ich zu Kunden unterwegs bin“, erklärt Fiebinger. Es komme auf den Moment an, auf die Eleganz des Augenblicks, auf das Verschmelzen von Tier und Natur, „auf so viele andere Faktoren, das taugt mir an der Tierfotografie“, schwärmt Fiebinger.
Gesundheitlich gehe es ihr besser, eine weitere Reha liegt gerade hinter ihr, leicht sei es allerdings nicht. „Aber mittlerweile fällt mir keine Tasse mehr aus der Hand, ich habe wieder mehr Kraft.“ Die kommt auch von Ehemann Felix, vom Hunde-Trio - und von der Fotografie, von der sie einmal hauptberuflich leben möchte. Und Träume verwirklichen. Ein eigenes Studio. Sich beim Hunde-Fotografieren in Island „lebendig fühlen“. Kurse anbieten. In den unvergleichlichen Landschaften von Irland oder Australien Haustiere mit ihren Besitzern ablichten, die „unvergleichliche Verbindung zwischen Tier und Mensch im richtigen Augenblick festhalten“.
Aufgrund ihres Krankheitsbildes sei es wahrscheinlich, dass sie wieder an Krebs erkranken wird, „weil es eine hormongetriebene Krebsart ist“. Am wahrscheinlichsten wäre die Diagnose Brustkrebs. Das weiß Fiebinger, damit muss sie umgehen. Damit leben. „Im Jetzt.“ Und dieses Leben soll von der Tierfotografie erfüllt sein. Und von den acht Augen, die sie anstrahlen.