Der Hülgerthpark, das Seniorenzentrum der Stadt Klagenfurt, wurde jahrelang als Musterbeispiel präsentiert. Seit einem verheerenden Prüfbericht zu Finanzen und Personal im Jahr 2015 entwickelt es sich schrittweise zum Millionengrab. 2021 musste ein geplanter Abriss und Neubau aufgrund einer Kostenexplosion abgeblasen werden – die Stadt blieb auf Planungskosten von 880.000 Euro sitzen.
2022 einigte man sich im Rathaus einen Heimbetreiber als strategischen Partner zu suchen und mit diesem gemeinsam eine Heimbetriebsgesellschaft zu gründen. Der Betreiber soll das derzeit leerstehende „Haus 1“ abtragen und neu errichten sowie die beiden verbleibenden Gebäudetrakte sanieren. Dafür räumt ihm die Stadt ein Baurecht ein. Die Mitarbeiter müssen übernommen werden.
So steht es in der Ausschreibung, die am 26. März 2023 über das Kärntner Vergabeportal veröffentlicht wurde. In der Ausschreibung steht auch, dass die Stadt 25,1 Prozent an der neu zu gründenden Heimbetriebsgesellschaft halten soll.
Brief vom Anwalt
Am 12. Dezember, mittlerweile waren nur noch zwei Betreiber im Rennen, entschloss sich der Stadtsenat die Spielregeln zu ändern: der strategische Partner soll 100 Prozent an der Gesellschaft halten. Der Vorteil ist laut Finanzreferent Philipp Liesnig (SPÖ), dass sich die chronisch finanzklamme Stadt nicht an den Investitionskosten beteiligen muss und so rund 5 Millionen Euro spart.
Wenige Tage später erhielt Bürgermeister Christian Scheider (TK) einen Anwaltsbrief zu „Ungereimtheiten im Vergabeverfahren Pflegeheim Hülgerthpark“. Auftraggeber war die Scheiflinger Pflegeheim- und Dienstleistungs GmbH von Otto Scheiflinger, die unter anderem drei „Wie daham“-Pflegeheime in Klagenfurt betreibt. Dem Brief ist zu entnehmen, dass Scheiflinger aufgrund der Sperrminorität der Stadt von einer Teilnahme am Vergabeverfahren abgesehen hatte. Nun habe er aus den Medien erfahren, dass der Hülgerthpark zu 100 Prozent ausgelagert wird. Das sei gegen die tragenden Prinzipien des Vergaberechts, nämlich Transparenz und Gleichbehandlung.
„Es werden derzeit alle zur Verfügung stehenden Rechtsmittel geprüft“, sagt Scheiflingers Anwalt Thomas Knirsch auf Nachfrage. Ziel wäre der Abbruch des laufenden Vergabeverfahrens und ein Neustart – bei dem man eine Teilnahme anstrebe.
Neue Unterlagen
Im Rathaus gibt man sich betont gelassen. Laut dem zuständigen Verfahrensbetreuer, dem Wiener Anwalt Ralf Pock, wird das Vergabeverfahren als Verhandlungsverfahren abgewickelt. „Die Stadt verhandelt mit den Bietern, der Verhandlungsgegenstand kann sich dadurch ändern. Ziel ist, das wirtschaftlich günstige Angebot einzuholen“, sagt Pock.
Der Passus mit dem Verhandlungsverfahren war ebenfalls nicht Teil der Ausschreibungsunterlagen vom März. Der Grund: Es gab einen Wechsel des Verfahrensbetreuers. Anwalt Ferdinand Lanker wurde im Sommer von Pock abgelöst, der im Juli neue Ausschreibungsunterlagen erstellte. Offiziell weil man gute Anregungen von Interessenten einfließen lassen wollte, inoffiziell weil kein Heimbetreiber auf die in den Originalunterlagen geäußerten Bedingungen eingehen wollte. „Innerhalb der Teilnahmefrist ist das erlaubt. Wir haben elektronisch sichergestellt, dass alle Interessenten darüber informiert wurden. Auch Scheiflinger. Man kann immer Rechtsmittel erheben, aber hier sind die Erfolgsaussichten gegen null“, sagt Pock.
Egal wie sich die Angelegenheit entwickelt, die (Rechts-)Beratungskosten für die Privatisierung des Hülgerthparks werden weiter anwachsen. Laut Auskunft des Bürgermeisterbüros betrugen diese für die Jahre 2022 und 2023 85.513,56 Euro.