Wenn andere sich noch einmal in ihr Bett kuscheln, ist Günther Sommer längst bei der Arbeit. „3 Uhr in der Früh ist eine angenehm stille Zeit“, sagt der Bäckermeister. Eine Stunde später sperrt er seine „Kornstube“ im Klagenfurter Lendviertel auf, die Kundschaft wartet schon. „Es sind Leute, die verreisen, Taxifahrer und solche, die die Nacht durchgefeiert haben“, erzählt Sommer und fügt mit einem Lächeln hinzu: „Mir hat einmal jemand erzählt, wenn er besoffen um 5 Uhr morgens mit einem Sackerl von der Kornstube heimkommt, ist alles versöhnt.“
Die Anekdote steht stellvertretend für den Ruf, den sich der Betrieb seit der Eröffnung am 9. November 1983 erarbeitet hat. Damals wie heute verarbeitet Sommer ausschließlich Bio-Produkte. „Mein Onkel und meine Tante waren 1965 die ersten Bio-Bauern in Österreich. Ich war in den Ferien immer bei ihnen in der Steiermark. Das hat mich geprägt“, sagt Sommer. In der Anfangsphase galt er als Spinner und „Körndlguru“.
Beirren ließ er sich davon nicht. Im Gegenteil, er setzte noch eines drauf: „1987 habe ich das Betriebsauto verkauft und angefangen mit dem Pferdefuhrwerk in die Arbeit zu fahren und die Lieferungen zu erledigen. Da war es bei den Leuten komplett vorbei.“ Der Nachfrage schadete das nicht. „Ich konnte von Anfang an von der Bäckerei leben. Außerdem war mir klar, dass sich die öffentliche Meinung irgendwann ändern wird.“ Heute sei man an dem Punkt angelangt, wo über Klimaschutz diskutiert werden würde.
Das große Bäckersterben
Sein Bio-Korn muss Sommer nicht mehr in Niederösterreich kaufen, in Kärnten gibt es mittlerweile genug Produzenten. Und auch das Pferdefuhrwerk steht seit 20 Jahren in der Garage. Der Verkehr hätte sich in den 90er-Jahren verdreifacht, irgendwann sei es einfach nicht mehr gegangen, sagt Sommer. Bio ist jetzt Mainstream. Und für den 68-Jährigen irgendwie ein Schwindel. Frisch gemahlenes Mehl, selbst gemachter Sauerteig und warmes Wasser – mehr brauche es nicht für ein gutes Brot. In den Backboxen der Supermärkte liegen Bio-Vollkornbrote, Bio-Semmeln und Bio-Kornstangen. Ihre Zutatenliste ist weit länger.
Generell gehe die „Ausstattung der ganzen Supermärkte zulasten der Bäcker. Als ich begonnen habe, gab es in Klagenfurt 36 Betriebe. Heute kann man sie mit der Hand abzählen“. Die „Kornstube“ sei von der Abwanderung der Kunden nicht betroffen. „Unsere Philosophie ist nicht für alle gedacht. Diejenigen, die kommen, kommen dafür aus ganz Österreich.“
Gleich geblieben ist das Innere der Kornstube, ein Relikt aus früheren Zeiten. Täglich werden hier rund 150 kg Teig verarbeitet. Eine Konstante ist seit 25 Jahren auch Günther Sommers Frau Cvijeta. Die beiden Kinder gehen derzeit noch in die Schule. Irgendwann sollen sie den Betrieb übernehmen.
Bis es so weit ist, hat der Bäckermeister noch viel vor: „Der nächste Schritt ist eine Backstube ohne Fremdenergie. Ich möchte Mühle und Mischer mit einem Fahrrad antreiben können. Derzeit suche ich einen Maschinisten, der mir das baut.“