„Die Aufsichtsbehörde sieht sich veranlasst, mit einer Nichtigerklärung des Verwaltungsaktes zu reagieren.“ Mit dieser Aussage bestätigte Gemeindereferent Landesrat Daniel Fellner (SPÖ) heute, Donnerstag, 14. Dezember, im Kärntner Landtag, was seit Wochen gemunkelt wird. Die Gemeindeaufsicht wird die von Klagenfurts Bürgermeister Christian Scheider (TK) am 20. Dezember 2022 eigenmächtig durchgeführte Dienstvertragsverlängerung von Magistratsdirektor Peter Jost für nichtig erklären.

Und jetzt wird es kompliziert. Wie Fellner weiter ausführte, „kann die Behörde nicht in die Rechtsgültigkeit des zivilrechtlichen Vertrages eingreifen, sondern lediglich in den öffentlich-rechtlichen Verwaltungsakt“. Sprich in die Art und Weise, wie der Dienstvertrag verlängert wurde. Dafür verwendete der Bürgermeister den § 73 im Stadtrecht (den sogenannten Notfallparagrafen, Anm.). Damit kann der Bürgermeister Verfügungen, die der Beschlussfassung des Stadtsenates oder des Gemeinderates bedürfen, bei „Gefahr in Verzug“ selbstständig erlassen.

Diese war für Scheider gegeben, als der Magistratsdirektor am 20. Dezember 2022 seinen sofortigen Pensionsantritt verkündete und der innere Dienst von einem auf den anderen Tag ohne Leitung zu sein drohte. So die offizielle Version. Inoffiziell nahm Scheider die Gefahr subjektiv in Form des Villacher Magistratsdirektors Christoph Herzeg wahr. Dem engen Vertrauten von Vizebürgermeister Philipp Liesnig (SPÖ) wurden Ambitionen nachgesagt, nach Josts gesetzlichem Pensionsantritt Ende 2023 ins Klagenfurter Rathaus zu übersiedeln.

Wer zahlt den Schaden?

Für die Gemeindeaufsicht war Scheiders Argumentation wenig schlüssig, die Voraussetzungen für den Notfallparagrafen somit nicht gegeben. „Der Bescheid geht heute raus“, bestätigt der Leiter der Gemeindeaufsicht, Stefan Primosch. Auf den zwischen Bürgermeister und Magistratsdirektor abgeschlossenen Dienstvertrag hat das keinen Einfluss. Allerdings fehlt diesem, sobald der Bescheid rechtskräftig wird, jegliche „hoheitliche“ Grundlage, wie es in der Fachsprache heißt. Für FPÖ-Klubobmann Andreas Skorianz ist klar, dass die zivilrechtlichen Ansprüche aus dem Vertrag – und damit vor allem die Entgeltzahlung – deshalb „nur den Bürgermeister persönlich treffen können“.

Geht man von Jost derzeitigen Bruttogehalt (im Februar 2023 waren es 18.460,58 Euro) abzüglich seiner Überstunden und dem im Dienstvertrag festgelegten frühesten Dienstende am 31. Dezember 2026 aus, ergeben sich in Summe Entgeltansprüche in der Höhe von rund 663.000 Euro – kollektivvertragliche Gehaltserhöhungen sind da noch nicht berücksichtigt. Ob und wer zahlen muss, wird final wohl erst ein Zivilgericht klären müssen.

Zuvor könnte noch das Landesverwaltungsgericht zum Zug kommen: Die Stadt, aber auch Jost, dem die Parteistellung verwehrt wurde, könnten die Entscheidung der Aufsichtsbehörde dort beeinspruchen. Das Bürgermeisterbüro wollte die Angelegenheit, mit Verweis, dass der Bescheid noch nicht vorliegt, nicht kommentieren.

Unabhängig davon hat der Gemeinderat Jost vergangene Woche mit 31. Dezember 2023 als Magistratsdirektor abberufen. Derzeit ist er vom Dienst freigestellt – bei vollen Bezügen. Begründung: Sowohl die Politik als auch die breite Öffentlichkeit hätten das Vertrauen in ihn verloren. Zudem wurde ein Hausverbot für alle Amtsgebäude der Landeshauptstadt verhängt.

Vorgeschichte

Nach Josts Vertragsverlängerung reagierten SPÖ, FPÖ und Neos mit einer Aufsichtsbeschwerde bei der Gemeindeaufsicht. Diese stellte bereits im April mittels Bescheid fest, „dass die Voraussetzungen des § 73 nicht vorgelegen sind“. Von „Gefahr in Verzug“ könne keine Rede sein. Zweifel an der Dringlichkeit ergeben sich laut der Aufsicht unter anderem aus dem Umstand, „dass die Verlängerung nicht für einen kurzen Zeitraum, sondern – mit Stand 20. Dezember 2022 – um zumindest weitere drei Jahre, nämlich bis Ende des Jahres 2025, erfolgte, was aus Sicht der Aufsichtsbehörde nicht zuletzt aufgrund des nachträglich handschriftlichen Vermerks zur Kündigungsfrist ‚frühestens 31. 12. 2025‘ als überschießend erscheint“. Zudem gebe es eine Stellvertreter-Regelung, „zumal auch vonseiten der Stadt Klagenfurt am Wörthersee in ihrer Stellungnahme selbst bestätigt wurde, dass im Falle der Verhinderung des Magistratsdirektors der dienstälteste Jurist ex lege sein Stellvertreter gewesen wäre“.

Scheider wollte das nicht akzeptieren und beeinspruchte den Bescheid beim Landesverwaltungsgericht. Dieses stellte wiederum fest, dass der Bescheid nicht das richtige Mittel sei. „Es ist quasi die Gelbe Karte. Wenn man davon ausgeht, dass die Voraussetzungen für die Verwendung des Notfallparagrafen nicht vorgelegen sind, dann ist das eine gravierende Rechtsverletzung“, erklärte der Richter damals.

Jetzt wurde die Rote Karte gezogen.