Schon wieder befindet sich die Stadt Klagenfurt in den Negativschlagzeilen. Wie die Kleine Zeitung am Donnerstag, 23. November, exklusiv berichtete, beauftragte die Magistratsdirektion im Februar dieses Jahres die IT-Firma Secriso Consulting alle E-Mail-Konten der Domain klagenfurt.at – also die E-Mail-Konten aller 1800 Magistratsmitarbeiter oder politischen Vertreter – nach der Kommunikation mit einer Whistleblower-Adresse in der Schweiz sowie mit zwei ehemaligen Magistratsmitarbeitern zu durchsuchen. Die genannten Adressen werden verdächtigt, mit der Weitergabe von internen Daten, darunter die Überstundenzahlungen an Magistratsdirektor Peter Jost, in Zusammenhang zu stehen (siehe Faktbox). Die beiden ehemaligen Magistratsmitarbeiter werden in einem eingeleiteten Strafverfahren als Zeugen geführt.
Einer von ihnen hatte, wie aus dem Bericht der Secriso Consulting zu entnehmen ist, Kontakt mit dem Klagenfurter Vizebürgermeister Philipp Liesnig (SPÖ) beziehungsweise seinem E-Mail-Konto. Die Korrespondenz mit Liesnig wurde von der Stadt auf einem versiegelten USB-Stick an die Staatsanwaltschaft übergeben und dem Zeugen bei seiner Einvernahme durch einen Beamten vorgelegt. Erst zu diesem Zeitpunkt erfuhr Liesnig von der Verarbeitung und Öffnung seiner Daten.
Wird Jost jetzt suspendiert?
Am Freitag, 24. November, sprach er auf einer Pressekonferenz von „Stasimethoden“ und ortete eine „Spitzelaffäre“. Sein Anwalt Michael Pilz sieht einen aus seiner Sicht „noch nie dagewesenen Übergriff gegen einen politischen Mandatar durch eine Verwaltungseinheit. Die Judikatur ist recht eindeutig. Jede Verarbeitung von Daten, auch die Durchsuchung, bedarf einer rechtlichen Grundlage.“ Es gebe eine Eingabe bei der Datenschutzbehörde.
Liesnig fordert sofortige Aufklärung, die Suspendierung jener im Magistrat, die die IT-Firma beauftragt haben, und die Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens. „Wir wissen aus den Unterlagen, dass der Magistratsdirektor unmittelbar beteiligt war“, sagt Pilz.
Angesichts der Vorwürfe hat Bürgermeister Christian Scheider (TK) am Freitag kurzfristig selbst zu einer Pressekonferenz eingeladen. Dort betonte er weder vom Inhalt der Sachverhaltsdarstellung und des Berichts der Secriso Consulting, noch von den angewandten Methoden Kenntnis gehabt zu haben. „Es ist nicht meine Aufgabe, im Detail in jede Maßnahme eingebunden zu sein“, sagte Scheider. Die Datenschutzbeauftragte der Stadt - sie ist auch Josts Assistentin - sei in den Prozess involviert, ebenso die stadteigene IT-Abteilung und der Anwalt der Stadt, Daniel Klatzer. Sie alle hätten die Rechtskonformität der gesetzten Handlungen bestätigt. „Wir werden eine Expertenkommission bilden. Wenn Maßnahmen gesetzt wurden, die nicht dem geltenden Recht entsprechen, dann wird es Konsequenzen geben“, erklärte Scheider. Eine unmittelbare Suspendierung Josts wird demnach nicht stattfinden.
ÖVP will Sondergemeinderat, FPÖ spricht von möglichem Datenschutzskandal
Auch die anderen im Gemeinderat vertretenen Parteien reagierten auf die Causa. ÖVP und NEOS fordern einen Sondergemeinderat, um den Sachverhalt umfassend aufzuklären. „Das Grundrecht auf Datenschutz muss auch für Politiker und besonders für die Mitarbeiter im Haus gelten“, sagt ÖVP-Klubobfrau Julia Löschnig. Für NEOS-Klubobmann Janos Juvan ist klar: „Scheider hat die Kontrolle über das Rathaus endgültig komplett verloren.“
FPÖ-Stadtparteiobmann Gernot Darmann spricht vom „mutmaßlich größten Datenmissbrauchsskandal in der Geschichte Österreichs“ und fordert die Gemeindeaufsicht des Landes zum sofortigen Einschreiten auf. Einen Schritt weiter geht die Grüne Landeschefin Olga Voglauer, die Neuwahlen und eine sofortige Amtsenthebung Josts fordert.
Laut Jost besteht mit dem Geschäftsführer der Secriso Consulting nur zufällig eine Namensgleichheit und kein Verwandtschaftsverhältnis.