"Meine Eltern haben mich rausgeschmissen. Beide. Sie leben getrennt voneinander", sagt eine 20-jährige Kärntnerin. Sie lebt in der Jugendnotschlafstelle "Juno" in der Nähe des Klagenfurter Bahnhofes. Die Straße davor ist vom vielen Schnee weiß und grau, genau wie der Himmel darüber. Kopf steht auch das Leben der elf Jugendlichen, fünf Jungen und sechs Mädchen, die dort zurzeit untergebracht sind.

Für die meisten unvorstellbar, für sie Realität: Sie haben kein Zuhause. Trotzdem ist die Stimmung in der Einrichtung recht fröhlich. Es ist 15 Uhr. Die Juno hat gerade geöffnet. Es wird gekocht. Am Herd beginnt Wasser für Spaghetti zu kochen. Ein Jugendlicher schmiert sich ein Nutella-Brot. Man spricht über den Tag. Schließlich ist die Juno eine Anlaufstelle für die Nacht, die meisten Jugendlichen müssen sich am Tag selber durchschlagen. "Ich gehe durch die Stadt, schaue mir ein bisschen die Geschäfte an und, wenn ich etwas Geld habe, gehe ich essen", erzählt die 20-Jährige weiter. Sie gebe ihren Eltern keine Schuld: "Ich hatte Probleme und war nicht sehr nett zu ihnen." Sie würde gerne hierbleiben. Freundschaften sind entstanden. Es ist ein Ort der Sicherheit. Aber das geht nicht, denn auch andere Jugendliche benötigen ein Bett und die Einrichtung ist beinahe voll.

Bettina Kofler ist eine von insgesamt neun Sozialarbeitern, die bei der Juno die jungen Menschen betreuen
Bettina Kofler ist eine von insgesamt neun Sozialarbeitern, die bei der Juno die jungen Menschen betreuen © Markus Traussnig

"92 Tage dürfen die Jugendlichen bei uns bleiben. Wenn die begründete Notwendigkeit besteht, kann verlängert werden. Wir helfen den Jugendlichen, eine Wohnung und Arbeit zu finden. Leider wartet man immer länger auf leistbare Wohnungen, meist drei Monate oder länger", sagt Bettina Kofler (26), sie ist eine von neun Sozialarbeitern in der Einrichtung und selbst kaum älter als ihre Schützlinge. "Wir sind durchgehend voll. Ich rede viel mit den Jugendlichen. Was ich zu hören bekomme, ist oft nicht leicht zu verdauen, aber ich mache meine Arbeit sehr gerne", erzählt sie.

Neben der Möglichkeit dort zu essen und seine Wäsche zu waschen, werden auch Beratungsgespräche mit den Sozialarbeitern angeboten
Neben der Möglichkeit dort zu essen und seine Wäsche zu waschen, werden auch Beratungsgespräche mit den Sozialarbeitern angeboten © Markus Traussnig


"Wohnen ist ein Menschenrecht", das steht Schwarz auf Gelb auf einem Plakat auf ihrer Bürotür. Im Gang befinden sich blaue Spinde, in denen die Jugendlichen ihre Wertsachen verstauen können. Aber auch Kekse und warme Sachen zum Anziehen – Spenden, die für die Jugendlichen abgeben wurden. Die Juno wird von Land und Stadt finanziert, ist aber auf Spenden angewiesen. Bedarf gibt es neben Geld auch an Sachspenden, wie haltbare Lebensmittel, Waschmittel, Hygieneartikel oder Gewand.

Seine Lehre im Einzelhandel abschließen möchte ein 18-Jähriger, der erst seit wenigen Tagen in der Juno ist. Mit der Familie hat er den Kontakt vollständig abgebrochen. "Ich war das schwarze Schaf und nicht mehr erwünscht. Ich möchte neu beginnen. Obwohl ich erst so kurz da bin, kann ich die meisten hier schon zu meinen Freunden zählen", schildert er. Hände kneten. Blick nach unten: "Solch einen netten Umgang habe ich gar nicht gekannt."

Keinen Kontakt mehr zur Mutter

Seit Jahren wohnt ein weiterer Jugendlicher nicht mehr zu Hause. "Ich habe seit zehn Jahren keinen Kontakt mehr mit meiner Mutter. Ich hatte die falschen Freunde, nahm Drogen und bekam Probleme mit der Polizei", erzählt er. Der Klagenfurter lebt seit Ende Oktober in der Juno. "Ich war davor in einer WG untergebracht, schlief bei Freunden und zuletzt hat mich meine Freundin auf die Straße gesetzt. Ich konnte nirgends hin. Für das Eggerheim war ich zu jung, dort hat man mich zur Juno geschickt. Die erste Nacht war schwer, aber die Betreuung ist wirklich top. Ich kann nur jedem Jugendlichen, der Probleme hat, raten, keine Scheu vor der Juno zu haben", sagt er.

Trotz vieler Probleme blickt der junge Mann positiv in die Zukunft. Er macht eine Therapie und erzählt stolz, dass er seit fünf Jahren keine Drogen mehr angerührt hat. Er absolviert nun eine Ausbildung im Pflegebereich und hofft bald eine Gemeindewohnung zu bekommen.
Er hat genau, wie seine Mitbewohner, Träume, die normaler nicht sein könnten: einen Job, eine Wohnung, eine glückliche Beziehung.