Krank sei sie nie gewesen, immer mit beiden Beinen fest im Berufsleben gestanden. Bis 2015, das Jahr, in dem ihr Leben plötzlich völlig auf den Kopf gestellt wurde. „Es hat mich wie aus heiterem Himmel getroffen“, erinnert sich Amanda* an diesen Tag. „Alle Muskeln haben mit einem Mal nachgelassen, es war, als würde mein Körper nur mehr aus Gummi bestehen.“ Sie habe kurzzeitig das Bewusstsein verloren, sei einfach zusammengesackt und zu Boden gestürzt.
Damals hat sie diesen ersten Ohnmachtsanfall gar nicht so ernst genommen. „Ich habe gedacht, ich bin einfach nur überlastet.“ Aber die Anfälle häuften sich, mit oft schlimmen Folgen. „Ich wurde ohne Vorwarnung von einer Sekunde auf die andere ohnmächtig.“ Verletzungen waren da quasi vorprogrammiert. „Die Anfälle dauerten zwar immer nur kurz, aber das reichte. Es gab Gehirnerschütterungen, Brüche, Platzwunden, Verbrennungen, Schnittverletzungen. Die ganze Palette.“ Dazu kam ein permanentes Müdigkeitsgefühl, das sie sich nicht erklären konnte. „Ich war ja immer aktiv“, sagt Amanda verzweifelt.
An Arbeit war nicht mehr zu denken, und auch mit dem Autofahren war es natürlich vorbei. Zwei Jahre und unzählige Untersuchungen und Krankenhausaufenthalte hat es gedauert, bis man endlich herausfand, was ihr fehlt. „Ich war anfangs so richtig happy, dass endlich eine Diagnose da war. Aber gleich darauf folgte der Hammer. Als man mir sagte, dass man gegen diese Krankheit nichts machen kann, dass es keinerlei Heilungschancen gibt.“
Der Ratschlag des Amtsarztes, zu Hause zukünftig einen Sturzhelm zu tragen, um ihren Kopf zu schützen, sei da nicht sonderlich hilfreich gewesen. Fünf Kilogramm an Befunden gebe es mittlerweile und ihre Situation sei so schlimm geworden, dass sie einen fixen Tagesablauf festlegte: „Zu Hause gehe ich alle zwei Stunden ins Bett, gefolgt von zwei Stunden Wachzustand.“ Ein Rhythmus, an den sie sich zwar gewöhnt hat, der aber dennoch gravierende Auswirkungen habe. „Ich befinde mich quasi seit Jahren in Heimquarantäne, gehe nur mehr hinaus, wenn ich unbedingt muss. Denn trotz der Tabletten kann es jederzeit zu einer Ohnmacht kommen.“ Dadurch seien auch die sozialen Kontakte weniger geworden, der Freundeskreis habe sich extrem verkleinert. „Deswegen wurde ich depressiv, aber ich war immer ein positiver Mensch, und das kommt mir jetzt zugute.“
Mit der Krankheit sind auch die finanziellen Probleme gekommen. Der Hauskredit muss noch zehn Jahre abbezahlt werden, eine Zwangsversteigerung konnte gerade noch verhindert werden. Die Berufsunfähigkeitspension reiche für die Ratenzahlungen kaum. Auch ihr Mann musste früher in Pension gehen, ebenfalls mit finanziellen Einbußen. „Unterm Monatsstrich bleibt ein Minus“, sagt sie.
Dazu kamen aufwendige Umbaumaßnahmen, um das Haus sicherer zu machen: Das Badezimmer wurde barrierefrei gestaltet, alle Kanten mussten entschärft und die Treppen gesichert werden. Böden wurden mit Teppichen ausgelegt, um Stürze abzumildern.
Dennoch lebe sie in ständiger Angst. „Sie ist mein zweiter Vorname, aber ich versuche sie, so gut es geht, auszublenden.“ Eine Erkenntnis ihrer Erkrankung: „Man merkt, wer die richtigen Freunde sind und wie wichtig die Familie ist. Die wurde durch meine Krankheit zusammengeschweißt.“ Natürlich wäre es ihr größter Wunsch, wenn alles wieder so werden würde wie früher. „Aber das wird es nicht“, sagt sie. „Deshalb wäre es wichtig, dass wenigstens die Geldprobleme aufhören, um diese zusätzliche Belastung zu beenden.“
*Name von der Redaktion geändert
Harald Schwinger