Ausgelassen spielten die beiden Geschwister miteinander. Plötzlich stürzte Alexandra* und fiel auf ihre Knie. „Mich hat ein unendlicher Schmerz durchzogen“, erinnert sich die junge Frau an den Beginn ihres mit Fragezeichen gepflasterten Leidensweges. „Es hat alles nur noch extrem wehgetan. Meine Knie waren feuerrot. Meine Eltern brachten mich sofort ins Spital.“
Damals war sie noch keine sechs Jahre alt und schon so oft im Krankenhaus, dass sie es fast als selbstverständlich empfunden hat. „Ich habe keine schlechten Erinnerungen an meine Kindheit“, sagt Alexandra. „Meine Eltern haben mich aufgefangen und versucht, mir jeden Aufenthalt so schön wie nur möglich zu gestalten.“
Erklärungen von Ärzten, woran sie leidet, fehlen bis heute. „Einmal wurde meiner Mutter ohne Vorwarnung, einfach so gesagt, dass ich nur noch drei Monate leben werde“, erinnert sich Alexandra. Doch diese Schocknachricht erwies sich als nur eine von vielen Fehldiagnosen, die noch folgen sollten.
„Ich habe 24 Stunden an sieben Tagen die Woche Schmerzen. Wenn ich gehe, schmerzen mir die Beine und Füße. Liege ich, ist es der Rücken. Schreibe ich, ist es die Hand“, sagt Alexandra, die durch ihren Hund ein wenig Ablenkung erfährt.
Notaufnahme
Viele Jahre vergingen, in denen sie von Mitschülern und Lehrern als dumm bezeichnet worden ist. „Was im Übrigen durch einen Test widerlegt wurde“, sagt Alexandra. Ihr wurde eine überdurchschnittliche Intelligenz attestiert. Wenn sie nachts mal wieder mit ihrer Mutter wegen unendlicher Schmerzen in der Notaufnahme saß, wurde sie von Ärzten mit „Na, willst du morgen wieder die Schule schwänzen?“ begrüßt.
„Aufgrund der Schmerzen ist es mir nicht möglich, jeden Tag pünktlich aufzustehen. Das war auch in der Schule so. In guten Zeiten bin ich zwei, drei Mal pro Woche zum Unterricht gegangen“, sagt Alexandra. Für die wissbegierige Schülerin eine der größten Strafen. „Ich habe alles zu Hause nachgeholt.“
Sie musste nie eine Klasse wiederholen, trotzdem wurde sie gedrängt, wegen der vielen Fehlstunden die Schule vorzeitig zu beenden. „Die Lehrer trauten mir nicht zu, dass ich überhaupt die Matura schaffen könne“, sagt Alexandra. Doch die Kämpfernatur ließ sich nicht entmutigen und machte die Berufsreifeprüfung. Im nächsten Jahr möchte sie ein Studium beginnen. Da sie wegen der Anwesenheitspflicht aufgrund ihres Gesundheitszustandes einen normalen Studiengang nicht wahrnehmen kann, entschied sie sich für ein Fernstudium.
Alexandra kann durchaus verstehen, dass Menschen in ihrer Umgebung denken, ihr fehle nichts. „Es ist ja nichts zu sehen“, sagt sie. „Ich sehe wie eine ganz normale, junger Frau aus.“ Doch sie nimmt seit Jahrzehnten starke Schmerzmittel, die ihre Organe bereits angegriffen haben und ihr leider nur wenig helfen, wie eine spezielle und sehr teure Untersuchung ergab, deren Kosten die Kasse nicht übernahm. So fällt es ihr auch schwer, einer Arbeit nachzugehen, sie konnte bisher nur geringfügig arbeiten. Alleine kann sie dadurch nicht Geld für Möbel, Haushaltsgeräte und die Kaution einer Wohnung aufbringen. Seit Anfang des Jahres war sie zudem fast ununterbrochen auf Reha. Wobei der Selbstbehalt bei Therapien und Medikamenten der jungen Frau finanziell viel abverlangt wie auch die Anschaffung einer hilfreichen Infrarotliege.
Das wohl Schlimmste ist die Ungewissheit. „Niemand weiß, was mir fehlt“, sagt sie. Doch sie gibt die Hoffnung nicht auf. Mittlerweile gehen Ärzte davon aus, dass sie an einer seltenen genetischen Krankheit leidet. Doch die Diagnose steht nach wie vor in den Sternen ...
*Name von der Redaktion geändert
Esther Farys