Katastrophen und ehrenamtlich? Kann das zusammengehen? Ja, gut sogar! Denn die Kärntner Ehrenamtlichen sind organisatorisch beim Katastrophenschutz des Landes angesiedelt. „Ich bin unendlich froh, dass es sie gibt“, sagt der Katastrophenschutzbeauftragte Markus Hudobnik. „Wir halten zusammen und sind wie eine große Familie.“
Eine sehr große sogar – mit 30.000 Freiwilligen allein in den Rettungsorganisationen Rotes Kreuz, Berg-, Wasser- und Höhlenrettung, Johanniter, Samariterbund und Rettungshundebrigade
„Geben ist seliger als nehmen“
Ein ehrenamtlicher Hundeführer ist Wolfgang Fugger: „Wenn wir mit unseren Hunden eine vermisste Person wiederfinden, ist das eine unbeschreibliche Genugtuung für mich – ein wahres Glücksgefühl.“ So beschreibt er in der überraschend unterhaltsamen Ausstellung „Glück“ im Villacher Stadtmuseum seine Erfahrungen. Museumsleiter Andreas Kuchler ist selbst seit 30 Jahren in der Ukraine-Hilfe aktiv und begründet seinen Wunsch, „Freude zu bereiten“, mit einem Jesus-Zitat: „Geben ist seliger als nehmen.“
Das spiegeln auch andere Freiwillige in seiner Ausstellung wider: „Ehrenamtliche Arbeit macht mich glücklich, weil die Arbeit für und mit anderen Menschen enorm sinnstiftend ist“, sagt Pensionistin Claudia Pirzl, die im Sozialverein Westbahnhoffnung Lebensmittel ausgibt. „Meine ehrenamtliche Arbeit macht mich glücklich, weil ich dadurch nicht nur Menschen helfen, sondern auch mein Wissen weitergeben und mich persönlich weiterentwickeln kann“, erklärt Rettungsschwimmerin Katharina Trunk.
Es gibt über 100.000 Ehrenamtliche in Kärnten: neben denen im Kampf gegen Katastrophen sind es Sportvereine, Organisationen aus dem Sozial-, Kultur- und Bildungsbereich – und nicht zuletzt die Freiwilligen Feuerwehren. Die haben ihre Einsätze einmal in Arbeitszeit umgerechnet: Ihre Leistungen entsprachen 115 Millionen Euro in einem Jahr.
Michael Aichholzer und Doris Rottermanner vom Kärntner Bildungswerk unterstützen viele der 30.000 Ehrenamtlichen im Kultur- und Bildungsbereich und beraten Menschen, die eine ehrenamtliche Beschäftigung suchen. „Erst finden wir gemeinsam heraus, was die Person kann und welche Themen sie längerfristig interessieren. Dann suchen wir nach Vereinen oder Gruppen, die so etwas brauchen.“
Auch über die Motivbündel wissen Rottermanner und Aichholzer Bescheid: etwas für andere und sich zu tun. Gesellschaftliche Anerkennung. Selbstbewusstsein. Mit Gleichgesinnten zusammen zu sein. Gebraucht zu werden. Sinnstiftende Aktivitäten ohne Arbeitszwänge.
Doch auch Ehrenamtliche haben Probleme: „Einige übernehmen zu viele Aufgaben und überfordern sich“, sagt Aichholzer. Nicht selten kommt es zu Konflikten, wenn sich jemand übergangen oder missachtet fühlt.
Die vier Ebenen der Ehrenamtlichkeit
Der St. Veiter Psychotherapeut Ulrich Hagg, selbst seit Jahrzehnten aktiv, hat ein wissenschaftlich-amüsantes Koordinatensystem entwickelt. „Es gibt vier Ebenen, auf denen sich ehrenamtliches Engagement lohnen kann. Zuerst die ideelle Ebene, das große Ziel, wie Klimaverbesserung – da wird das Glückshormon Dopamin ausgeschüttet. Die zweite Ebene ist die der konkreten Tätigkeiten, Erlebnisse und Ergebnisse. Bei Erfolgen erhöht sich das Zufriedenheitshormon Serotonin.“
„Die dritte Ebene ist der Kontakt mit Menschen, die vom Engagement profitieren. Die vierte Ebene ist das Team, in dem Projekte durchgeführt werden, oft Leute, mit denen man gern zusammen ist. Diese beiden Ebenen sorgen für mehr vom ‚Kuschelhormon‘ Oxytocin.“
Und ja, zwischenmenschliche Konflikte gebe es dabei auch, weiß Hagg. „Aber die spielen gegenüber dem Gewinn für die Engagierten eine untergeordnete Rolle. Schreiben Sie doch lieber einen Artikel, der für Freiwilligenarbeit begeistert.“
Bitte sehr, gern geschehen!
Jochen Bendele