In Grado wird gerade viel und kollektiv geseufzt. Denn die Sonnenuntergänge in diesen Tagen sind spektakulär. Von keiner Bergkette aufgehalten, beleuchten tiefrote Strahlen die genau richtige Anzahl von nicht allzu bedrohlichen Schlechtwetterwölkchen über der Lagune und dem Meer. Das ist wirklich schön. Zu schade, dass wir hier in einem ernsthaften Medium sind und unserer Nachrichtenpflicht nachkommen müssen. Aber ein Seufzerfoto ist hoffentlich erlaubt.
Wir sind in Grado mal wieder beim Thema Baustellen. Nun soll das Hauptquartier des Zivilschutzes auf der Isola della Schiusa endlich komplett erneuert werden. Fun Fact: Die Insel gibt es erst seit dem Jahr 1957, sie wurde damals komplett neu aufgeschüttet und bebaut. Und inzwischen gilt sie als Geheimtipp unter all jenen Österreichern, die eine zentrumsnahe und dennoch bezahlbare Wohnung suchen.
Das Geld für den hübscheren Sitz der protezione civile – immerhin 930.000 Euro in mehreren Tranchen – wird von der Region bereitgestellt, und die Arbeiten sollen „in der zweiten Jahreshälfte des nächsten Jahres“ beginnen, wie es heißt, und bei solchen bergbutterweichen Zeitangaben stellen sich die Nackenhaare wie von selbst auf. Denn zuvor muss sich die Bürokratie in Gang setzen, und zwar mit der Spritzigkeit eines asthmatischen Dieseltraktors.
Warum muss das Hauptquartier überhaupt erneuert werden? Jetzt wird’s ironisch, denn Teile der Struktur wurden ausgerechnet bei den vergangenen Hochwassern beschädigt – also jenem Naturereignis, das der Zivilschutz in erster Reihe zu bekämpfen versucht. Das ist beinahe so, als würde eine Feuerwache niederbrennen.
Doch die Mitarbeiter der protezione civile trotzen den widrigen Umständen ihrer veralteten, verfallenen Schuppen. Gerade hielt man dort eine Schulung zum Fahren eines Gabelstaplers mit Elektromotor ab. Alle zwölf Teilnehmer haben den Führerschein bestanden. Keine Frage: Wir sind in guten Händen.
Stefan Maiwald