Liebhabern edler roter Tropfen ist "Dingač" ein Begriff. Internationale Sommeliers nennen ihn den König der kroatischen Rotweine. "Plavac mali", was man mit "kleiner Blauer" übersetzen könnte, ist die wichtigste Rebsorte Kroatiens. Die edelsten dieser Trauben wachsen an den Hängen von Dingač auf der Halbinsel Pelješac.

Wein wird hier schon seit der Antike angebaut. Seit 1961 sind die Region und die Marke "Dingač" durch die Genfer Konvention geschützt. "Damit war 'Dingač' der erste gesetzlich geschützte Wein Kroatiens", berichtet Slobodan Rosić vom Verein "Plavac mali" aus Pelješac und fügt hinzu, dass mehr als 90 Prozent des "Plavac" in Pelješac angebaut werden.

Inauguration

Ins Rampenlicht rückte der kroatische Wein zuletzt mit der Wahl Joe Bidens zum US-Präsidenten. Bei der Inauguration, der feierlichen Einsetzung des 46. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika am 21. Jänner 2021, wurde der "Dingač" des Weinguts "Benmosche family" serviert. Für eine Flasche des Premium-Rotweins zahlen US-Weinliebhaber 60 bis 80 Dollar. Nur 5000 Flaschen der Sorten "Zinfandel" und "Dingač" verlassen jedes Jahr die Weinkeller des Guts.

"Dingač" des Weinguts "Benmosche family"
"Dingač" des Weinguts "Benmosche family" © (c) imago images/Pixsell (Grgo Jelavic/PIXSELL via www.imago-images.de)

Für diese Erfolgsgeschichte haben die Winzer zuvor Berge versetzt und das im wahrsten Sinn des Wortes. Denn die Weinbauern von "Dingač" leben im Dorf Potomje und mussten seit jeher stundenlange und steile Wege auf sich nehmen, um die fruchtbaren mineralhaltigen Hänge an der Küste zu erreichen und zu kultivieren. Jahrhundertelang wurden die gelesenen Trauben mit Eseln mühselig von den Weinbergen über die Hügel zu den Weinkellern gekarrt.

Dingač-Tunnel

1973 beschlossen die Dorfbewohner ihr beschwerliches Schicksal zu ändern und gingen dafür regelrecht mit dem Kopf durch die Wand. Sie schlugen eigenhändig einen 400 Meter langen Tunnel vom Dorf durch den karstigen Fels zu ihren Weinbergen und veränderten damit ihr Leben und die Region nachhaltig. Der Tunnel erleichterte nicht nur die Arbeit der Winzer, er eröffnete auch neue Möglichkeiten. Er wurde zur Touristenattraktion.

Der 400 Meter lange Tunnel verbindet Potomje mit den Weinbergen an der Küste
Der 400 Meter lange Tunnel verbindet Potomje mit den Weinbergen an der Küste © (c) IMAGO/Pond5 Images (IMAGO/xwellsie82x)

Tourismus

"Millionen-Dollar-Aussicht" nennen die Einheimischen den Blick auf die Adria und die benachbarte Insel Korčula, der sich von Potomje kommend am Ende des Tunnels atemberaubend öffnet. Ein in vielerlei Hinsicht passender Name wurde der Tunnel doch zum Wirtschaftsfaktor.

Die Weinberge von Dingač
Die Weinberge von Dingač © (c) IMAGO/Pond5 Images (IMAGO/xjasminamx)

In den letzten 50 Jahren wurden etwa 100 Häuser und Appartements entlang der Küste von Dingač errichtet. Nun fließen neben Wein auch die Erträge aus jährlich 30.000 touristische Nächtigungen in die Taschen der knapp 250 Einwohner. Und so denkt man heute sogar wieder darüber nach, die Esel nach Dingač zurückzubringen, allerdings nur mehr als Touristenattraktion.