Blaue Krabben, die aus Nordamerika eingeschleppt wurden, breiten sich im Mittelmeer immer stärker aus, bedrohen die dort heimische Tierwelt und richten hohen Schaden in der Fischerei und Muschelzucht an. Jetzt wird die Plage mit ungewöhnlichen Mitteln bekämpft: Restaurants bieten die Krabben als Delikatesse an.

Ins Mittelmeer eingeschleppt wurden die Tiere mit dem lateinischen Namen "Callinectes sapidus" schon vor Jahrzehnten mit Schiffen. Im Golf von Triest wird ihr Vorkommen seit den 1950er-Jahren dokumentiert. Allerdings nimmt die Zahl der blauen Krabben erst jetzt massiv zu, was Experten auf das immer wärmer werdende Meer zurückführen. Dieses dürfte auch einer zweiten Krabbenart, die ähnlich aussieht und sich ebenfalls ausbreiten, zugutekommen: "Portunus segnis" lautet der lateinische Name der Spezies. Beide Krabbenarten haben scharfe Scheren, mit denen sie Fischernetze kaputt schneiden.

Gefräßig und aggressiv

Ein zweites Problem: Die Krabben fressen so ziemlich alles und viel davon. Sie bewegen sich schnell und gelten als aggressiv und fangen auch vorbei schwimmende Fische. Besonders gerne verzehren sie aber Muscheln - und brechen daher in die Muschelzuchtfarmen. Allein im Veneto leiden unter dieser Plage bereits 1500 Unternehmen.

"Die Situation eskaliert. Man muss sich irgendeine Strategie einfallen lassen und auch für den Genuss der blauen Krabben werben", zitierte die Tageszeitung "La Nuova di Venezia" die italienische Abgeordnete Rosanna Conte, die die EU auffordert, sich des Problems anzunehmen. Während in Italien bislang vor allem chinesische Restaurantbetreiber Speisen mit blauen Krabben anbieten, entwickelte sich in Spanien bereits ein regionaler Markt. In Tunesien gibt es eine eigene Nahrungsmittelproduktionskette, die blaue Krabben verarbeitet.

Plage als Chance

Mittlerweile sehen auch immer mehr italienische Köche in der Plage eine Chance. In den kommenden Tagen setzt in Triest laut dem staatlichen Rundfunksender Rai Friaul-Julisch Venetien auch ein italienisches Restaurant Gerichte der mediterranen Küche mit der blauen Krabbenart auf die Speisekarte. Die Gerichte sollen günstiger sein als jene mit Vongole (Venusmuscheln).

Auf der Insel Mazzorbo, eine halbe Stunde mit dem Boot von Venedig entfernt, hat sich das laut der Zeitung "L'Essenziale" bereits etabliert: Ein mit einem Michelin-Stern ausgezeichnetes Feinschmeckerlokal hat sich auf die Zubereitung von Speisen aus eingewanderten Tieren, die den in der Lagune von Venedig heimischen Arten schaden, spezialisiert.