Sloweniens Ministerpräsident Robert Golob wünscht sich auch österreichisches Geld für den geplanten zweiten Reaktorblock des Atomkraftwerks Krško. "Ich glaube, dass sich so mancher Investor aus anderen Ländern am Projekt beteiligen wird, und es ist gut möglich, dass darunter auch wer aus Österreich sein wird", sagte Golob im APA-Interview. Die Entscheidung über das Milliardenprojekt soll noch vor der Wahl im Frühjahr 2026 fallen, ein Jahr später soll es ein Referendum geben.
"Ich denke, dass wir bis zum Ende der Legislaturperiode, in den nächsten drei Jahren klar definieren werden, unter welchen Bedingungen Slowenien die Investition in einen neuen AKW-Block starten wird", sagte Golob. Er verteidigte die von der konservativen Opposition als Verzögerungstaktik kritisierte Vorgangsweise mit den schlechten Erfahrungen, die es in der jüngsten Vergangenheit bei AKW-Projekten in Europa gegeben habe. "Kein Atomkraftwerk wurde innerhalb der gesetzten Fristen und der finanziellen Rahmen gebaut", sagte der frühere Strommanager. "Wir möchten das Projekt in einer Weise in Angriff nehmen, die wirtschaftlich am sinnvollsten sein wird." Schnelle Lösungen gebe es ohnehin nicht, sprach Golob von zwölf Jahren Bauzeit. Zugleich betonte er, dass sein Land nur Investoren aus dem "westlichen" Raum zulassen wolle, wobei dies auch die asiatischen Länder Japan und Südkorea einschließe.
Scharf ging Golob mit Atomgegnern ins Gericht. "Angesichts der Tatsache, dass wir heute buchstäblich und auf unumkehrbare Weise mit dem Planeten spielen, den wir unseren Kindern hinterlassen werden, erscheint es mir verantwortungslos, nicht alle Technologien zu nützen, die uns zur Verfügung stehen, um den Klimawandel abzumildern", sagte der slowenische Ministerpräsident. "Die Atomkraft hat ihre Probleme, aber sie verursacht sicher keinen Klimawandel", betonte er. Deshalb halte auch Slowenien an ihr fest, "und in Europa denkt die Mehrheit der Staaten ähnlich". "Ich hoffe und glaube, dass wir auch die anderen Staaten überzeugen werden, dass die Atomenergie zumindest in einer Übergangszeit von 30 Jahren als eine gleichwertige Technologie behandelt werden sollte, die zur Verringerung der Treibhausgasemissionen beiträgt und nicht Teil des Problems ist."
Gegen Grenzkontrollen
Weiterhin Überzeugungsarbeit leisten will Golob auch, was die umstrittenen österreichischen Grenzkontrollen zu seinem Land betrifft. Er wünsche sich, dass Österreich ähnlich wie Dänemark "den Mut und die Weisheit haben wird, einen alten Weg zu verlassen, der nicht funktioniert hat, und neue Lösungen suchen wird". Österreich sei nämlich "traditionell immer ein fortschrittliches und intelligentes Land" gewesen, fügte er hinzu.
"Auf europäischer Ebene steigt das Bewusstsein, dass etwas getan werden muss und das Aussetzen von Schengen nicht die einzige oder gar richtige Lösung ist", sagte Golob. Zugleich räumte er ein, dass es sich dabei nicht um ein rein bilaterales Problem handle, sondern vom größeren Kontext des Kampfs gegen die illegale Migration abhänge. Konkret äußerte Golob die Hoffnung, dass das vergangene Woche von den EU-Innenministern beschlossene Asylpaket entsprechende Wirkung zeigen werde. "Die Dinge bewegen sich, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie reif sein werden", sagte er auf die Frage, wann er ein Ende der österreichischen Grenzkontrollen erwarte.
Golob verteidigte zugleich seine Festlegung, die eigenen Grenzen zu Kroatien nicht schließen zu wollen. Der aus der westslowenischen Grenzregion Primorska stammende Politiker wies darauf hin, dass nach dem kroatischen Schengen-Beitritt heuer "zum ersten Mal die Fahrt ans Meer und zurück ohne Staus an den Grenzen möglich" sei. "Die Zahlen (bezüglich der Aufgriffe illegaler Migranten aus Kroatien, Anm.) sind sehr deutlich, sie sind gestiegen. Aber wir haben uns entschieden, dass wir unseren Leuten den Vorzug geben werden, den Bewohnern Sloweniens, Kroatiens und auch Österreichs, weil wir an den freien Waren- und Personenverkehr glauben." Dabei handle es sich nämlich um einen "Wesenskern" der Europäischen Union, "in den wir nicht aus irgendeinem politischen Grund eingreifen können".
Um illegale Migration zu bekämpfen, baut Golob auf regionale Zusammenarbeit. "Wenn es zu einer Zuspitzung der Migrationskrise kommen sollte, werden wir nicht allein, sondern gemeinsam mit Kroatien und Italien sowie unter Einbindung von Serbien, Bosnien-Herzegowina und Nordmazedonien eine Lösung finden", betonte er. "Ich glaube nicht an die Taktik, dass man sich hinter dem Zaun versteckt und darauf hofft, dass einen der Bär nicht finden wird. Besser ist es, dafür zu sorgen, dass der Bär im Wald bleibt und gar nicht erst in die Nähe des Dorfes kommt", sagte Golob, dessen Land eine der größten Bärenpopulationen der Welt hat.
Positiv sieht Golob in diesem Zusammenhang auch den bisher von Österreich blockierten Schengen-Beitritt Bulgariens und Rumäniens. Er rechne noch heuer mit einem Ende des Vetos, und mit positiven Auswirkungen auf die Eindämmung der illegalen Migrationsströme.
Im russischen Aggressionskrieg gegen die Ukraine erwartet Golob für Herbst wesentliche Weichenstellungen. "Im Herbst werden die Umstände so sein, dass wir uns alle ernsthaft darüber unterhalten müssen, welchen Frieden man erreichen kann", sagte er. Slowenien zähle zu den größten Unterstützern der Ukraine, und daran werde sich auch nichts ändern, betonte er. Alle Aktivitäten sollen aber dem Ziel untergeordnet werden, Frieden zu erreichen, sagte er auf die konkrete Frage, ob sein Land den NATO-Beitritt der Ukraine unterstütze. Slowenien werde sich diesbezüglich dem Konsens im Bündnis anschließen.
Die Bemühungen für Frieden in der Ukraine will das Land auch in seiner neuen Rolle als nicht-ständiges Mitglied des UNO-Sicherheitsrates unterstützen. In der Vorwoche hatte es sich bei der Abstimmung in der UNO-Generalversammlung in einer Kampfkandidatur klar gegen den russischen Vasallenstaat Belarus durchgesetzt. Slowenien wird dem mächtigsten UNO-Gremium in den Jahren 2024 und 2025 angehören. Neben der Unterstützung der Vermittlungsbemühungen des UNO-Generalsekretärs werde man auch einen Schwerpunkt auf Klimapolitik und Umweltdiplomatie legen, so Golob.