Slowenien droht Österreich im Grenzkontrollstreit mit Vergeltungsmaßnahmen. "In Ljubljana werden momentan alle Optionen geprüft, auch die Einführung von Grenzkontrollen zu Österreich", sagte Botschafter Aleksander Geržina der "Tiroler Tageszeitung" (Donnerstagsausgabe). Der Spitzendiplomat beklagte, dass die österreichischen Grenzkontrollen nun schon "zum 17. Mal" verlängert worden seien. "Slowenien kann dies nicht länger hinnehmen."
Erst am Montag hatte die slowenische Präsidentin Nataša Pirc Musar bei ihrem Antrittsbesuch in Wien auf eine Lösung des Konflikts noch vor dem Sommer gedrängt und die Befürchtung von Staus im Urlaubsverkehr geäußert. Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen äußerte die Hoffnung auf ein baldiges Ende der Grenzkontrollen. Konkret könnten die bisherigen "Grenzpunktkontrollen" durch "Grenzraumkontrollen" abgelöst werden, wie sie Österreich gegenüber Italien oder der Slowakei praktiziert.
Gegen EU-Recht
Geržina kritisierte, dass das österreichische Vorgehen gegenüber seinem Land "im Widerspruch zu den Grundverträgen und Grundfreiheiten der EU" stehe. Auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) habe sie bereits als "nicht rechtmäßig" erkannt. Die Migrationszahlen würden ebenfalls die Kontrollen nicht rechtfertigen. Im ganzen Vorjahr seien etwa 60 Migranten an der slowenisch-österreichischen Grenze zurückgeführt worden, in den vergangenen vier Monaten "gerade 13". "An der Grenze zu Italien, wo sogar der Notstand ausgerufen wurde und die Zahlen um ein Vielfaches höher sind, führte Österreich nie Kontrollen ein", sagte der Botschafter.
Unbeeindruckt
Die österreichische Regierung zeigte sich unbeeindruckt von den vehementen Appellen aus dem südlichen Nachbarland. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) sprach am Dienstag mit Blick auf Slowenien von einem "Druck zunehmend auch auf dieser Seite". Daher "halte ich es für notwendig, weiter die Kontrollen aufrechtzuerhalten". Ablehnend äußerte sich Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) am selben Tag nach einem Treffen mit seiner slowenischen Kollegin Tanja Fajon im kroatischen Rijeka. Ohne konkret auf Slowenien einzugehen, beklagte er die "Dysfunktionalität" des Schengenraumes und die Tatsache, dass auch Deutschland die Grenze zu Österreich kontrolliere.