Erst im vergangenen Winter wurden Mitarbeiter eines Seniorenheimes in Grado verurteilt, weil sie betagte Heimbewohner misshandelt hatten. Jetzt schockiert ein Fall aus einem Altersheim im rund 15 Kilometer oberhalb von Jesolo gelegenen Ort San Dona di Piave die Öffentlichkeit.
Die Tochter einer Klientin hatte keine Erklärung für die Hämatome bei ihrer Mutter gehabt, einen externen Arzt um Rat gefragt und so den Fall ins Rollen gebracht. Monatelang wurden Beweise gesammelt, wonach 15 Pfleglinge auf das Schlimmste misshandelt worden sein sollen. Nach konkreten Hinweisen auf die Missstände installierten Behörden im Vorjahr im Heim versteckte Kameras.
Umfangreiche Ermittlungen
Für zwei Mitarbeiter des betroffenen Seniorenheimes, einen 47 Jahre alten Mann und eine 62 Jahre alte Frau, klickten in dieser Woche die Handschellen. Zwei weitere Mitarbeiterinnen – eine ist 60, die andere 71 Jahre alt – stehen unter Hausarrest und zusätzlich laufen Ermittlungen gegen vier weitere Personen, die sich auf freiem Fuß befinden. Der Hauptangeklagte (54) wurde bereits Ende November 2022 verhaftet. Still und heimlich, um die weiteren Ermittlungen nicht zu gefährden.
Der 54-Jährige steht im Verdacht, drei Seniorinnen vergewaltigt zu haben. Er wurde bei 13 Taten gefilmt, bei denen er laut Staatsanwaltschaft die körperliche und geistige Wehrlosigkeit der Frauen ausnutzte. Der Pfleger war in der Vergangenheit schon einmal aus einem Pflegeheim im Veneto suspendiert worden. Es gab auch eine Anzeige wegen Missbrauches.
Senioren flehten um Gnade
Eines der Opfer ist mittlerweile verstorben. Die Staatsanwaltschaft sieht einen Zusammenhang mit wiederholten Misshandlungen. Während sie im Rollstuhl saßen oder im Bett lagen, wurde den Klienten wiederholt auf den Kopf geschlagen. Nahrung wurde den Heimbewohnern vorenthalten, sie wurden bespuckt, beschimpft und bedroht. In den Videos ist laut der italienischen Tageszeitung "Il Gazzettino" auch zu hören, wie die alten Heimbewohner um Gnade baten und als sie keine fanden, traurig fragten: "Warum?"
Am Donnerstag hieß es, die Ermittlungen wurden auf zwei weitere Todefälle ausgeweitet. In einem Fall starb jemand, nach einem Sturz aus einem Rollstuhl. Und im zweiten trank ein Klient nicht für den Genuss geeignete Flüssigkeit, die in einer Flasche im Zimmer vergessen wurde. Venetos Regionspräsident Luca Zaia fordert "ein umfassendes Videoüberwachungssystem in Pflegeheimen". Auch in Italien, in dem die Videoüberwachung weit verbreitet ist, gibt es laut "Il Gazzettino" rechtlich Schwierigkeiten, in Pflegeheimen Kameras unbeobachtet mitfilmen zu lassen. Die Mitarbeiter müssen informiert werden, wo Kameras isntalliert sind, außer es gibt - so wie in diesem Fall jetzt - einen dringenden, fundierten Verdacht.