Die Strafe, die ein Bademeister in Norditalien zahlen soll, weil er einer Touristin das Leben gerettet hat, sorgt nun für hitzige Diskussionen. Es war Anfang September, als der 44-Jährige bei Cavallino-Treporti ins Meer lief, um die 70-Jährige aus dem Wasser zu ziehen. Die Frau wurde erfolgreich wiederbelebt. Gut zwei Wochen später erhielt der Lebensretter die Nachricht, er müsse 1032 Euro Strafe bezahlen, weil er nicht sofort die Hafenbehörde über den Vorfall verständigt hat, sondern gleich losstürmte. Die Hafenbehörde erfuhr erst eine Stunde später von dem Vorfall - und zwar vom Notruf 118. Dessen Sanitäter, die ebenfalls beim Rettungseinsatz vor Ort waren, standen mit ihrer Zentrale in Verbindung.
Die Familie der Geretteten ist schockiert. Die Tochter der Urlauberin, eine slowakische Staatsbürgerin, die gut Italienisch spricht, ist laut der Tageszeitung „Il Gazzettino“ bereit, die Strafe zu bezahlen. „Wir werden niemals vergessen, dass die Bademeister meiner Mutter das Leben gerettet haben. Dass es ihr heute gut geht, verdankt sie nur dem raschen Einschreiten der Helfer. Ich kann verstehen, dass es wie in jedem Gewerbe, ein gewisses Procedere geben muss. Aber das menschliche Leben sollte immer an vorderster Stelle stehen. Wir alle müssen dafür Sorge tragen, dass Helfer sich sicher fühlen können, dass sie nicht das Damoklesschwert einer Bürokratie über ihrem Kopf spüren müssen. Sonst hilft ja irgendwann keiner mehr“, schrieb die Tochter der Geretteten an die Campingplatzbetreiber, in der ihre Mutter den Urlaub verbrachte.
Eisiger Wind
Einige Politiker haben mittlerweile dieselbe Meinung öffentlich geteilt. Es wird gerade überprüft, ob die Strafe nicht archiviert werden kann. Von der Hafenbehörde des benachbarten Badeortes Jesolo weht hingegen ein eisigerer Wind. „Das ist ein Fall, in dem ein Bademeister eine lebensbedrohliche Situation nicht sofort gemeldet hat. Jede Meldung kann aber ausschlaggebend für die Alarmierung einer Rettungskette sein. Deshalb gibt es dieses Protokoll und jeder muss sich daran halten. In den Gemeinden von Jesolo und Cavallino-Treporti starben heuer sieben Personen im Meer. Solche Ereignisse müssen mit allergrößter Anstrengung verhindert werden. Da hat jeder das Seine dazu beizutragen“, heißt es.
Der betroffene Bademeister, der bereits 2021 einer Person im Meer das Leben rettete und dafür ausgezeichnet wurde, ist verbittert. Er sagt, er will im kommenden Jahr weder am Strand noch als Bademeister arbeiten.