Das Auge vermag die Pracht an Silberpreziosen, erlesenem Porzellan, feinst geschliffenen Gläsern, originellen Vasen und kostbaren Bestecken auf dem saalfüllenden, wohl 30 Meter langen Spiegeltisch kaum zu fassen. Es scheint, als habe Kunsthandwerk höchster Güte als geistiger Ausdruck der Schöpfung einen besonderen Tisch bereitet für die Hochzeit zu Kana, auf der Jesus der Bibel nach Wasser in Wein verwandelt habe und welche der venezianische Meister Paolo Veronese in riesigem Bildformat an der Kopfwand des Saales für alle Zeiten festgehalten hatte.

Mit Kostbarkeiten erweisen hier auch herausragendste Werkstätten aus Österreich dem geheiligten Szenario die Ehre, wie die Porzellanmanufaktur Augarten oder die Glasmanufaktur Lobmeyr. Der spektakuläre Saal ist nur eine von zehn Stationen, auf denen die biennale Kunsthandwerk-Schau „Homo Faber 2024“ in Venedig die Besucherinnen und Besucher noch bis 30. September auf – so der Titel – die Reise des Lebens („The Journey of Life“) mitnimmt.

800 Werke aus 40 Ländern

Als wäre die Fondazione Cini auf der Insel San Giorgio Maggiore vis-à-vis des Dogenpalastes nicht allein schon eine Wunderwelt mit ihren natürlichen Gärten und dem architektonischen und humanistischen Welterbe rund um Basilika und Kloster, macht die Stiftung mit dieser bereits dritten Homo-Faber-Ausstellung alle Vielfalt, Kreativität und Expertise der Menschheit faszinierend sichtbar.

Mit 800 ausgestellten Werken demonstrieren 400 Kunsthandwerkerinnen und Kunsthandwerker aus 40 Ländern der Welt ihr Können und ihre Inspiration. Als der südafrikanische Milliardär und Unternehmer die Michelangelo Foundation in der Schweiz zur Förderung der Handwerkskunst mitbegründete, lag für die Homo-Faber-Ausstellungen Venedig als Ort jahrhundertelanger kunsthandwerklicher Blüte nahe. In der Fondazione Cini erstreckt sich die Schau über die gesamte Insel San Giorgio, mit einem unglaublichen Ausgestaltungsaufwand bei den Räumen und Gärten obendrein.

„In diesem Rahmen und umgeben von all diesen Objekten zu arbeiten, ist so inspirierend“, sagt Stefania Zagli, Porzellanmalerin aus Florenz, während sie mit Bedacht feine Farbstriche auf einem Teller zieht. Denn auch dies gehört zum Konzept von Homo Faber: Man kann zahlreichen Kunsthandwerkern über die Schulter schauen. Vom Experten für Einlegearbeiten im Louvre in Paris bis zum Goldschmied von Cartier, der am brillantbesetzten Goldarmband mit zwei Leopardenköpfen arbeitet, während sein Kollege von Van Cleef & Arpels mit feinster Goldsäge einen Ring verziert oder ein Graveur von Jaeger-LeCoultre Venedig-Motive im Stile Monets auf die Weißgolddeckel der Schweizer Nobeluhren sticht.

In der Schau sind aus Österreich weiters auch die Grazer Illustratorin Clara Frühwirth, der Tischdesigner Felix Muhrhofer, die Lampendesignerin Barbara Palatin-Doyle sowie der Salzburger Messermacher Richard Kappeller vertreten. Kuratiert haben die diesjährige Homo Faber Schau der junge Architekt Nicoló Rosmarini sowie der Filmemacher Luca Guadagnino, der gerade auf der Filmbiennale am Lido di Venezia mit dem Film Queer mit Ex-007 Daniel Craig in der Hauptrolle eine glanzvolle Premiere feierte.