Au weia, das gab Ärger und wird auch in den nächsten Tagen noch reichlich Ärger geben: Die Sardelada, das stimmungsreiche Grill- und Fischfest der Fischerkooperative am Hafen, fand in diesem Jahr nicht statt, weder am letzten noch an diesem Wochenende – dabei war es in den Broschüren groß angekündigt. Die Touristen strömten voller Vorfreude an den Riva Dandolo und wunderten sich: keine Buden, kein Weinausschank, kein Duft nach frittierten Sardinen. Nichts.
Auch bei Gradesern ist das Fest beliebt, weil man guten, preiswerten, gegrillten Fisch genießen kann, ohne die eigene Wohnung einzunebeln.
Das wird ein Nachspiel haben
Warum es in diesem Jahr gefallen ist? Eine offizielle Stellungnahme fehlt, überall wird gemunkelt. Einerseits soll es an Personal gemangelt haben, andererseits machen die Fischer mehr Geld, wenn sie ihren Fang nicht preiswert über den Tresen geben, sondern in ihrem eigenen Restaurant „Zero Miglia“, der Haupteinnahmequelle der Kooperative, teuer verkaufen. Das alles wird sicher noch ein Nachspiel haben – vor allem, weil die Kommunikation von allen Seiten desaströs war.
Das Jahr ist halb vorbei, die Verantwortlichen ziehen eine Zwischenbilanz, und der große Gewinner des Tourismus heißt nicht Grado oder Lignano, sondern Triest: ein Plus von unglaublichen 14,6 Prozent von Januar bis Juli 2024 im Vergleich zum ersten Halbjahr 2023. Warum? Weil der Kreuzfahrttourismus boomt und immer mehr Schiffe Triest ansteuern. Was in Venedig umstritten ist (um es vorsichtig zu formulieren), ist in Triest hochwillkommen. Dort gibt es ja auch keine Wackel-Palazzi auf zierlichen Säulen, sondern Habsburger Wuchtbauten, die sich von den Vibrationen der Dieselmotoren nicht beeindrucken lassen.
Video: Grado aus der Vogelperspektive
Auch Grado freut sich über ein Anwesenheitsplus, aber pure Präsenzen sagen ja nichts über das Geld aus, das im Ort gelassen wird, und da scheint es in in diesem Jahr doch etwas zu ruckeln. Genaue Zahlen sind nicht zu bekommen (auch weil, machen wir uns nichts vor, Gastronomen und Beachclubbesitzer immer ein bisschen was inoffiziell kassieren, ob in Italien oder anderswo), aber in diesem Sommer sieht es in den Restaurants düsterer aus. Im Post-Corona-Boom haben es die Urlauber krachen lassen, jetzt wird wieder aufs Geld geachtet. Es ist zwar voll, aber Tische sind fast überall noch zu bekommen. Und auf jenen Tischen sieht man wieder die Karaffen mit preiswertem Hauswein statt teurer Flaschen. Auch die Schlangen vor den Pizzerien waren in den letzten Jahren länger. Dazu kamen mehrere Abende, an denen Wetterkapriolen die Einnahmen verhagelten. Klar, die Trattorien haben auch innen ein paar Tische. Aber die Geschäfte werden draußen gemacht.
Neuauflage im September oder Oktober?
Gastronomen jammern immer, aber dieses Mal klingt es glaubwürdiger als sonst. Im ersten halben Jahr hat ja auch das Wetter wirklich nicht mitgespielt: Die beliebten Fenstertage im Mai, für Grado eine ganz wichtige Einnahmequelle, waren allesamt verregnet. Aber wer weiß? Mit einem goldenen Herbst könnte im zweiten Halbjahr noch viel aufgeholt werden. Und vielleicht erbarmen sich die Fischer ja und holen die Sardelada im September oder Oktober nach – was nach Meinung vieler sinnvoller wäre, denn im August ist Grado ja ohnehin voll und braucht keine weiteren Attraktionen.
Stefan Maiwald